kucken sie mal: auf bremens leinwänden
: „Radio no Jikan – Radio Zeit“ von Mitani Koki ist aus Japan und trotzdem witzig

Aus Japan kommen zur Zeit, ebenso wie aus Korea, einige der spannendsten, aufregendsten und originellsten Filme. Mangas, Horrorfilme, Samurai-Sagas und Yakuza-Gemetzel sind die Genres, in denen niemand den Japanern etwas vormachen kann. Aber Komödien? In den 80er Jahren war zwar das Nudelepos „Tampopo“ ein internationaler Lacherfolg, doch es ist selten, dass der dortige Humor global so zündet wie etwa der britische oder der in Hollywood fabrizierte. Aber vor einigen Jahren gab es die lautesten Lacher auf der Berlinale bei dem kleinen japanischen Film „Radio no jikan - Radio Zeit“, und dies, obwohl das Publikum die Pointen in Untertiteln lesen musste.

Die oft hemmungslos alberne Farce handelt von der Produktion eines Hörspiels, das live eingespielt und ausgestrahlt wird, so dass alle Fehler und absurden Abänderungen direkt über den Sender gehen.

Und davon gibt es viele, denn die Aufnahmen laufen völlig aus dem Ruder, weil eine kapriziöse Schauspielerin, die die Hauptrolle spricht, in letzter Minute auf Änderungen im Skript besteht. Eigentlich sollte das Hörspiel mit dem Titel „Das Schicksal einer Frau“ von einer ehebrecherischen Romanze in einem kleinen Fischerdorf handeln. Die sanfte Hausfrau Miyako hatte mit dieser Geschichte einen Wettbewerb gewonnen, und muss nun im Studio erleben, wie aus ihrem kaum kaschierten, kitschigen Wunschtraum ein groteskes Actionspektakel wird, das in den USA spielt.

Zuerst ist die Diva Nokko nur mit ihrem Rollennamen nicht zufrieden, und weil sie gute Verbindungen zu den Studiobossen hat, setzt sie schnell durch, dass ihre Figur Mary Jane heißen soll. Mit diesem Namen kann sie aber unmöglich die bescheidene Frau eines japanischen Autohändlers spielen, warum also nicht eine erfolgreiche amerikanische Rechtsanwältin? Auch die anderen Schauspieler fordern nun andere Namen und attraktivere Berufe. So wird aus einem Fischer der Pilot Donald McDonald, der Plot wird immer fantastischer, bis schließlich der Pilot in einer Rakete in der Unendlichkeit des Alls verschwindet. Aber auch dies wird noch getoppt, denn die verzweifelte Autorin barrikadiert sich im Studio, als sie erfährt, dass ihr Held in der geschändeten Version ihres Stückes sterben soll, und so proben die Schauspieler und Studiotechniker einen Aufstand gegen den Produzenten und die herrschsüchtige Diva.

Regisseur Mitani Koki macht sich hier gnadenlos darüber lustig, wie neidvoll fasziniert die Japaner auf das durch die Medien bei ihnen angeschwemmten Strandgut der amerikanischen Popkultur schielen.

Zwar gibt es in der Figur eines Fernfahrers, der die Sendung in seinem Laster hört und der, vom gleichen Schauspieler gespielt, auch schon durch „Tampopo“ fuhr, eine kleine Verbeugung in Richtung dieses Kultfilms, doch filmisch ist „Radio no Jikan“ viel schlichter gehalten. Dies ist kaum mehr als ein adaptiertes Theaterstück, aber da bei einer Komödie die Lacher das Wichtigste sind, stört dies kaum. Zudem ein westliches Publikum den Film auch als ein Lehrstück über die japanische Gesellschaft ansehen kann. Alle Konflikte, alle dramaturgischen Verwicklungen basieren auf der extrem strengen Hierarchie und Rigidität, mit der JapanerInnen Formen und Machtstrukturen respektieren. „Radio no jikan“ ist (zumindest für unsere Augen) viel dokumentarischer als intendiert, und dieser optische Mehrwert macht ihn dann doch zu mehr als „nur“ einem komischen Film aus Japan. Wilfried Hippen

„Radio no jikan – Radio Zeit‘‘ läuft Do & Fr um 20.30, sowie Sa & Di um 18.00 in der Originalfassung mit Untertiteln im Kino 46