Arbeitsagenturen kämpfen mit sich selbst

100 Tage Hartz IV zeigen: Selbst Geldausgeben ist manchmal schwer. Von den 6,6 Milliarden Euro Fördergeldern für Langzeitarbeitslose haben die Agenturen erst einen Bruchteil abgerufen. Junge Arbeitslose sollen mehr profitieren

BERLIN taz ■ Von Jobförderung kann Marcel Rößler ein Liedchen singen. Der Chef der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) „Integration und Grundsicherung“ in Brandenburg Stadt ist unter anderem zuständig für die Einrichtung von Ein-Euro-Jobs. Für diese Tätigkeiten gebe es mehr Interessenten als Angebote, so Rößler. Denn bei der Einrichtung dieser Jobs müsse man vorsichtig sein, „wir dürfen ja nicht in den Markt eingreifen“. Nicht mal Vorleserinnen in Kindertagesstätten werden in Brandenburg auf Ein-Euro-Basis beschäftigt, denn selbst die könnten ja schon die Neueinstellung regulärer Erzieherinnen blockieren.

Die Jobförderung, so zeigte sich bei einer Veranstaltung der Bundesagentur für Arbeit, ist mit der Einführung von Hartz IV nicht einfacher, sondern fürs Erste schwieriger geworden. 6,6 Milliarden Euro stehen in diesem Jahr für Integrationsmaßnahmen von Arbeitslosengeld-II-Empfängern zur Verfügung. „Es bedarf einer großen Anstrengung, diese Mittel zu platzieren“, formulierte BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt, man müsse sich „viel Mühe geben“, das Geld „sinnstiftend und integrationsfördernd anzulegen“. Erst 300 Millionen Euro wurden im ersten Quartal dieses Jahres von diesen Fördergeldern abgerufen.

Die Probleme beim Geldausgeben ergeben sich nicht nur aus den Schwierigkeiten bei der Einführung von Ein-Euro-Jobs, sondern vor allem, weil die Arbeitsagenturen nach wie vor mit sich selbst beschäftigt sind. Arbeitslosengeld-II-Empfänger werden seit Januar diesen Jahres meist von den 340 Arbeitsgemeinschaften (ARGE) betreut, die über 1.000 Standorte im Land verteilt sind. In den ARGEn ackern Beschäftigte der Arbeitsagenturen mit neuen Kollegen aus den Sozialämtern. Meist sind die ARGEn in den Räumen der Arbeitsagenturen ansässig, mancherorts aber wie etwa in München wurden sie in Bürgerhäuser ausgelagert. 200.000 Quadratmeter Immobilien wurden bundesweit für die Arbeitsgemeinschaften neu gemietet. Ein Viertel der ARGEn ist noch nicht in ihre endgültigen Räume umgezogen.

In 69 Städten und Gemeinden, den so genannten optierenden Kommunen, werden die Langzeitarbeitslosen allerdings nicht von den ARGEn, sondern von den Kommunen selbst betreut. Dadurch entsteht – etwa bei der Akquise offener Stellen – eine Konkurrenzsituation zu örtlichen Arbeitsagenturen, die für die Empfänger von Arbeitslosengeld I zuständig sind. Das System sei „schwer administrierbar“, räumte BA-Chef Frank-Jürgen Weise am Mittwoch ein.

Die Arbeitsagenturen wollen sich künftig verstärkt um junge Joblose kümmern. Insgesamt eine Million Fördermaßnahmen sind für sie in diesem Jahr geplant, sagte Alt. Zu den Maßnahmen zählen Kurse zur Erlangung des Hauptschulabschlusses, aber auch Praktika in Unternehmen und Ein-Euro-Jobs. Bisher wurden 170.000 dieser Maßnahmen besetzt. Keiner der 660.000 Erwerbslosen unter 25 Jahren solle künftig „länger als drei Monate arbeitslos sein“, versprach Alt. Insgesamt sollen die jungen Joblosen in diesem Jahr mit 6,8 Milliarden Euro gefördert werden.

BARBARA DRIBBUSCH