Eliteforschung bleibt blockiert

Unionsländer wollen weiter kein Bundesgeld für Hochschulen. Ausweg nicht in Sicht

BERLIN taz ■ Wissenschaft und Hochschulen haben konsterniert auf die erneute Blockade des Elitezuschusses für die Hochschulen reagiert. DFG-Präsident Ernst-Ludwig Winnacker sagte: „Einzelne deutsche Politiker schaden dem Ansehen der Wissenschaft und gefährden die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes.“ Kritik kam auch vom Wissenschaftsrat. Dessen Vorsitzender Karl Einhäupl sagte, man habe erneut versäumt, Eliteunis als nachhaltiges Element der Wissenschaftspolitik zu stärken.

Wie berichtet, hatten die Ministerpräsidenten der Union am Donnerstag dem Exzellenzprogramm für Spitzenhochschulen erneut das Placet verweigert. Knapp 2 Milliarden Euro sollen von 2006 bis 2011 zusätzlich in die Hochschulen fließen, um Graduiertenkollegs, exzellente Forschung und den Anschluss an die Weltspitze zu fördern. Der baden-württembergische CDU-Wissenschaftsminister Peter Frankenberg und sein rheinland-pfälzischer SPD-Kollege Jürgen Zöllner hatten sich mit dem Bund bereits über das Programm geeinigt. Dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) gelang es aber, weitere Unions-Regierungschefs von seiner ablehnenden Haltung zu überzeugen.

Der Rektor der Universität Heidelberg, Peter Hommelhoff, warf der CDU daraufhin vor, gewaltigen politischen Flurschaden anzurichten. „Sie lässt einen einzelnen Politiker wie Roland Koch das Milliardenprogramm im Alleingang verhindern.“ Koch müsse zur Ordnung gerufen werden, sagte er der taz.

Nach dem Zerwürfnis ist nun völlig unklar, ob das Projekt doch noch auf den Weg gebracht werden kann. Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) zeigt sich zwar weiter bereit, mit den Ländern über die Exzellenzinitiative zu verhandeln. Aber die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen Ende Mai macht den Fortgang immer unwägbarer.

Ziel der Union ist es offenbar, die Förderung ganzer Hochschulen aus dem Programm zu streichen und damit auch den Begriff „Eliteuniversitäten“ zu tilgen. Übrig blieben dann nur die Graduiertenkollegs und die Forschungscluster. Von dem ursprünglichen Vorschlag, den die rot-grüne Bundesregierung im vorigen Jahr als großen Paukenschlag angekündigt hatte, bliebe dann nichts mehr übrig.

Allerdings herrscht selbst in der Union Unverständnis über Kochs Blockadehaltung. Koch saß im CDU-Präsidium, als Parteichefin Angela Merkel davor warnte, die Blockade bei den Eliteunis zu weit zu treiben. Man stehe sonst in der Gefahr, als Verweigerer wahrgenommen zu werden. Koch habe dem nicht widersprochen, heißt es.

Seitdem versuchten vor allem Wissenschaftspolitiker aus dem Süden der Republik das Projekt noch zu retten, allen voran die Minister Frankenberg aus Stuttgart und Thomas Goppel (CSU) aus München. Allerdings haben sie dafür auch einen echten Anreiz: Das Gros der mutmaßlichen Eliteuniversitäten liegt in Bayern und Baden-Württemberg. Sieben von zehn Top-Unis aus den Ranglisten befinden sich im Süden.

Neben machtpolitischen Motiven liegt darin möglicherweise ein weiterer Grund für das Zögern diverser Ministerpräsidenten. Gerade die neuen Bundesländer könnten schon deshalb leer ausgehen, weil sie ihren Eigenanteil bei der Finanzierung etwaiger Eliteprojekte gar nicht aufbringen können. Daher hat sich Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) auf die Seite der Blockierer geschlagen – um finanzielle Zusagen des Bundes für Ost-Unis herauszuschlagen.

Die Erfinderin des Elitezuschusses, Bildungsministerin Bulmahn, zeigte sich gestern empört über die Blockade des Projekts aus taktischen Gründen. „Das ist genau der Stillstand, der unserem Land so schadet“, sagte sie. Sie warf den Unions-Regierungschefs vor, die Forschungsförderung des Landes nicht ausreichend studiert zu haben. „Das, was die Union will, gibt es längst“, sagte Bulmahn. Sie bezog das auf eine Aussage des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU), der Bund dürfe lediglich einzelne wissenschaftliche Projekte, aber nicht ganze Unis fördern. CHRISTIAN FÜLLER

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