Nebenjobs lohnen sich wieder

Regierung und Union einigten sich auf höhere Hinzuverdienstgrenzen für Langzeiterwerbslose. Künftig gilt ein Freibetrag von 100 Euro plus 20 Prozent des überschießenden Einkommens. Grüne: Das ist ein Fortschritt für jobbende Alleinerziehende

VON BARBARA DRIBBUSCH

Langzeitarbeitslose, die einen Nebenjob haben, können sich freuen: Künftig gelten für sie neue, höhere Hinzuverdienstgrenzen. Darauf einigte sich gestern Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) mit dem arbeitsmarktpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Karl-Josef Laumann. Das Gesetzgebungsverfahren soll noch im Sommer über die Bühne gehen. „Wir sind sehr zufrieden“, erklärte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Thea Dückert, gegenüber der taz.

Die neuen Regelungen für Empfänger von Arbeitslosengeld II sehen so aus: Vom Nebenverdienst bleiben 100 Euro als Grundfreibetrag anrechnungsfrei. Vom darüber hinausgehenden Einkommen werden nochmal 20 Prozent nicht angerechnet, dies gilt bis zu einer Einkommensgrenze von 800 Euro brutto. Vom Einkommen, das diese Grenze übersteigt, bleiben nochmal 10 Prozent anrechnungsfrei, bis zu einem Bruttoverdienst von 1.200 Euro für Alleinstehende und kinderlose Paare. Für Alleinerziehende und Paare mit Kindern liegt diese Kappungsgrenze bei 1.500 Euro. „Diese Regelungen fördern die Eigeninitiative“, meinte Dückert.

Arbeitslosengeld-II-Empfänger, die 100 Euro monatlich hinzuverdienen, dürfen somit künftig die ganze Summe zusätzlich zum Arbeitslosengeld II behalten. Wer einen 400-Euro-Job hat, darf 160 Euro anrechnungsfrei nach Hause tragen. Wer 800 Euro nebenbei an Arbeitsentgelt bekommt, darf 240 Euro behalten, der Rest wird auf das Arbeitslosengeld II angerechnet.

Ein Langzeiterwerbsloser, der inklusive Unterkunftskosten 660 Euro an Arbeitslosengeld II erhält und mit einen Minijob monatlich 400 Euro hinzuverdient, erreicht somit ein Gesamteinkommen von 820 Euro – und das bei Arbeitszeiten von vielleicht nur 15 Stunden die Woche. Genau hier sehen manche Arbeitsmarktexperten auch das Problem. Die neuen Hinzuverdienstregelungen verringerten den Anreiz, einen Vollzeitjob zu suchen, weil sich die Beteiligten einrichten könnten mit der Kombination aus Arbeitslosengeld II und dem Hinzuverdienst, erklärte Hilmar Schneider vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA).

Dem halten die Grünen entgegen, dass die neue Regelung das Armutsrisiko besonders für alleinerziehende Frauen, die nur Teilzeit arbeiten könnten, „verringern würde“. Harald Thomé vom Sozialberatungsverein Tacheles hingegen gehen die neuen Hinzuverdienstregelungen nicht weit genug. Da beispielsweise Fahrtkosten künftig nicht mehr vom Nebeneinkommen abgesetzt werden könnten, stünden sich manche Arbeitslosen mit der neuen Regelung sogar „schlechter als zuvor“.

Bisher durften Erwerbslose bis zur Grenze von 400 Euro nur 15 Prozent des Einkommens behalten, dabei aber Kosten für Anfahrt und Versicherungsbeiträge geltend machen und den Freibetrag entsprechend erhöhen. Diese Kosten fließen künftig in die neuen Sockelbeträge ein, „das ist eine absolute Verwaltungsvereinfachung“, so Dückert.