eu-verfassungskritiker
: Zwei Sorten Nein

Das gab es noch nie: Bundestagsabgeordnete der Union und die Globalisierungskritiker von Attac gemeinsam gegen die EU-Verfassung. Doch was von außen wie eine Einheitsfront gegen Brüssel erscheint, ist alles andere als ein Bündnis zwischen außerparlamentarischen Linken und parlamentsfixierten Konservativen. Das Attac-Nein ist ein gänzlich anderes als das der Union.

KOMMENTAR VON FELIX LEE

Die deutsche Sektion von Attac hat am Wochenende Unterstützung für ihre französischen Genossen beschlossen, denen es innerhalb kurzer Zeit gelungen ist, eine Kritik an der EU-Verfassung von links in ihrem Land mehrheitsfähig zu machen. Zu Recht kritisieren sie, dass diese Verfassung einer monetaristisch ausgerichteten und neoliberalen Wirtschaftsordnung Verfassungsstatus verleiht. Ein Quantensprung zu noch mehr Markt.

Das Nein der Union hingegen hat nichts mit europaweiten Sozialstandards zu tun, denn CDU und CSU fordern ja eine noch radikalere Öffnung der Märkte. Ihr Motiv: Zum einen fürchten sie um die Eigenständigkeit nationaler Parlamente. Zum anderen versucht die Union mit EU-Ressentiments zu punkten, so wie der SPD-Vorsitzende Müntefering mit seiner Kapitalismuskritik die Wähler in Nordrhein-Westfalen mobilisieren will.

In Deutschland kommt die öffentliche Debatte von beiden Seiten sowieso zu spät, denn ein Umschwenken der Verfassungsbefürworter im Bundestag am 12. Mai ist praktisch ausgeschlossen. Nun rächt es sich, dass es hier – auch wegen der fehlenden Beteiligung der Öffentlichkeit an der Entscheidung – praktisch keine Debatte über die Verfassung gab. Umso mehr ruhen nun die Hoffnungen auf Frankreich. Denn ein mehrheitlich französisches Nein würde die Debatte in allen EU-Ländern neu aufrollen. Und dieses Mal im Dialog mit den Bürgern. Auch im plebiszitfeindlichen Deutschland.

Das könnte dann eine neue Chance für die deutschen Attacis sein, auch wenn es ein äußerst schwieriges Unterfangen bleibt. In Frankreich ist es den Globalisierungskritikern gelungen, eine Verfassungskritik zu formulieren, die weitgehend frei ist von fremden- und europafeindlichen Ressentiments. Die Stimmung in Deutschland dagegen ist bisher zumindest eine andere. Umso stärker muss Attac darauf achten, dass die Abgrenzung zur CDU/CSU auch nach außen klar erkennbar bleibt. Sonst droht die berechtigte linke Kritik an der EU-Verfassung zum Anhängsel eines rechten Nein zu werden.

wirtschaft und umwelt SEITE 8