Nur kein Zeitgeist

„11 Freunde“, das Magazin für Fußball-Kultur, wird fünf und hat allen Grund zu feiern. Auch, weil statt 2.500 nunmehr 80.000 Hefte gedruckt werden

INTERVIEW MATHIAS LIEBING

taz: Was ist das 11 Freunde -Magazin – eine Fanblock-Postille oder doch der Spiegel des Fußball-Journalismus?

Philipp Köster: Weder noch. Fanzine passt nicht, da wir zum einen nicht mehr ehrenamtlich arbeiten und zum anderen ganz unterschiedliche Leute, den Stadiongänger ebenso wie den Fan am Radio, ansprechen wollen. Der Spiegel-Vergleich hinkt schon wegen unseres subjektiven Blicks aus der Kurve. Wir sind im Kern nicht unparteiisch, sondern beziehen Position gegen die umfassende Kommerzialisierung oder die Big-Brother-Fantasien von Polizei und Ordnungshütern.

Dafür steht der Untertitel „Magazin für Fußball-Kultur“?

Auch. Kurz gefasst beginnt für uns Fußball-Kultur bei den Liebesbekundungen an das Spiel, die der Panini-Bildsammler mit dem Opa gemein hat, der am Weltempfänger englischen Fußball verfolgt. Der Begriff endet dann bei der kritischen Auseinandersetzung mit der Fußball-Gegenwart.

Was hat sich seit den Anfängen, in denen das Heft im Wohnzimmer zusammengebastelt wurde und eine Auflage von 2.500 Exemplaren hatte, geändert?

Zu Beginn wurden wir vor allem von Leuten gelesen, die uns sehr ähnlich waren. Darüber hinaus sind wir inzwischen auch auf der Ebene von Vereinsmanagern und Trainern relevanter und einflussreicher geworden. Unsere Ansprache ist dabei aber gleich geblieben.

Welche Änderungen stehen inhaltlich an?

Verbessern wollen wir den Zugang zu großen Themen. Weniger lexikalisch, stärker pointiert und spitzer soll es zugehen.

Die Verbreitung des Magazins war lange Zeit problematisch. Abhilfe schaffte der Wechsel zum Springer-Vertrieb. Wie hitzig wurde dieser Schritt diskutiert?

Wenig hitzig. Wir mussten einfach unsere Vertriebssituation verbessern und haben das beste Angebot ausgewählt. Außerdem: Der Springer-Vertrieb ist nicht die Bild-Zeitung.

Hat 11 Freunde nach fünf Jahren noch ein Ostproblem?

Nein, exakt formuliert haben wir ein ländliches Problem.

Der Kicker -Verlag startet noch in diesem Jahr mit Rund, der Selbstdarstellung nach ein einzigartiges Magazin, für das Fußball mehr sein soll als ein 1:0. Konkurrenz?

Im besten Fall belebt die Konkurrenz das Geschäft. Angst haben wir keine.

Ist das 11-Freunde -TV-Magazin, das erstmals am 25. Mai, dem Tag des Champions-League-Finales, bei Premiere laufen wird, ein medialer Konter?

Die Pläne gibt es schon seit über zwei Jahren. Nun sind wir so weit, dass wir mit der Produktionsfirma probono.tv einen Partner gefunden haben, mit dem wir den Geist des Printmagazins in ein Fernsehformat übersetzen können. 11 Freunde im TV wird mehr als ein einfacher Fernsehableger des Hefts, es soll von Beginn an eine Sendung mit eigenem Gesicht sein.

Besteht die Gefahr, dass der Zeitgeist, in den 11 Freunde hineingeboren wurde, einmal ein Ende findet und damit auch das Magazin gefährdet wird? Stichwort: WM 2006.

Nein, weil wir kein Zeitgeistprodukt sind. Im Gegenteil: Wir führen als wertkonservatives Fußball-Kultur-Magazin, das alten Stehplatzkurven hinterhertrauert, viel mehr einen Abwehrkampf gegen den Zeitgeist. Davon unbenommen haben wir natürlich profitiert, dass Fußball Zugang zu den breiteren Schichten gewonnen hat. Aber für uns und unsere Leser geht das Leben nach der WM weiter. Wir werden während und auch nach den vier Wochen Fußballfans bleiben.