Herrlich, rot und frauenfrei

Durchmarsch der Männer in den Bundestag sorgt für Diskussionen in der Hamburger SPD. Angeblich ist niemand daran schuld, aber wiederholen soll sich so was möglichst nicht. Allein schon wegen der eigenen Glaubwürdigkeit gegenüber der CDU

von Sven-Michael Veit

Diese Entwicklung sei „bedauerlich“, räumt Hamburgs SPD-Parteichef Mathias Petersen ein. Sie sei sogar „sehr bedauerlich“, findet Katrin Behrmann, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF). „Eher an Zufall“ glaubt eine prominente Bürgerschaftsabgeordnete, die nicht so gern genannt werden möchte, von „alten Männern, die an Sesseln kleben“, spricht ein Fraktionskollege, der ebenfalls keinen Wert auf namentliche Erwähnung legt: Die Kandidatenaufstellung zur Bundestagwahl 2006 sorgt für Diskussionen in Hamburgs SPD.

Vier Platzhirsche wollen sich erneut als Direktkandidaten in ihren Wahlkreisen aufstellen lassen: Johannes Kahrs (Mitte), Hans-Ulrich Klose (Harburg-Bergedorf), Ortwin Runde (Wandsbek) und Olaf Scholz (Altona) haben nach momentanem Stand auch keine Gegenwehr zu befürchten. In Nord bewerben sich drei Männer um das politische Erbe der vor einem Jahr verstorbenen Anke Hartnagel. Einzig in Eimsbüttel dürfen SPD-Frauen noch hoffen.

Nachdem die Abgeordnete Angelika Mertens am Sonntag ihren Verzicht auf eine erneute Kandidatur bekannt gab, meldeten Niels Annen und mit Dorothee Stapelfeldt sogar eine Sozialdemokratin ihre Ansprüche an (taz berichtete). Im Höchstfall also eine Frau und fünf Herren entsendet die SPD in die Hauptstadt, falls sie – wie seit Jahrzehnten üblich – sämtliche Wahlkreise in der Hansestadt gewinnen sollte. Es droht aber auch ein maskuliner Sixpack.

Von einer „moralischen Verpflichtung der Partei zur Gleichberechtigung“ spricht nun Behrmann, einen echten Einfluss aber hätte die ASF darauf nicht. Die SPD-Quotenregelung von 40 Prozent Frauen „gilt nur für Listenwahlen“ wie die zur Bürgerschaft. Das hat bisher auch geklappt: Von den aktuell 41 SPD-Abgeordneten im Rathaus sind 19 weiblich (46,3 Prozent). Bei der CDU sind es lediglich 21 Prozent, was Behrmann nach der Wahl im vorigen Jahr noch als „peinlich“ gebrandmarkt hatte. Um der eigenen Glaubwürdigkeit willen seien deshalb SPD-intern „Debatten“ zu führen. So wollte sich gestern Abend der ASF-Vorstand der Frauenfrage annehmen.

Auch im Landesvorstand – Frauenanteil: neun von 23, mithin 39% – „sollten wir dieses Problem selbstkritisch hinterfragen“, findet Parteichef Petersen. Allerdings könne er „nur appellieren“, denn die sieben Kreisverbände würden allesamt „strikt auf ihre Autonomie pochen“. Eine „direkte Eingriffsmöglichkeit“ hätten weder er noch der Landesvorstand insgesamt, in dem die fünf Kreischefs und zwei Kreischefinnen eigentlich über kurze Kommunikationswege verfügen. Koordination aber, weiß Petersen, „gibt es da nicht“.

Ein Problem, dass sich wegen der Hamburger Wahlrechtsreform verschärft auch bei Bürgerschaftswahlen stellen wird. Wenn die Partei in den künftigen Wahlkreisen überwiegend Männer ins Rennen schickt, kann sich die Listenquote schnell erledigen. Das aber ist der SPD bewusst. „Damit das da nicht passiert“, so Petersen, arbeite eine Vorstandskommission „intensiv“ an neuen Regelungen.

Geleitet wird dieses Gremium von seiner Stellvertreterin Stapelfeldt – Sensibilität für das Thema sollte also ausreichend vorhanden sein.