„Keine Fragen, sondern Rechthabereien“

Obwohl einige Juristen sind, haben die Angreifer der Union zu wenig forensische Erfahrung, sagt taz-Anwalt Eisenberg

taz: Herr Eisenberg, was halten Sie vom Visa-TV?

Johannes Eisenberg: Man sieht, dass solche Ausschüsse nicht geeignet sind, Sachverhalte aufzuklären oder auch nur Zeugen der Lüge zu überführen.

Wieso?

Wenn man sich die Fragetechnik des Ausschussvorsitzenden Uhl ansieht. Dem steht seine politische Überzeugung im Wege, auch nur einen einfachen Sachverhalt aufzuklären. Allein die erste Frage: Es ging um ein missglücktes Interview, das Fischer gemacht hatte und wo er Mitarbeiter des AA für bestimmte Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht hat. Das hat Fischer zwischenzeitlich korrigiert. Das ist allgemein bekannt. Und dazu wird er von Herrn Uhl gefragt – als wäre dies das Thema dieses Ausschusses. Es soll doch vielmehr aufgeklärt werden, seit wann die Ministeriumsspitze Kenntnisse von Fehlentwicklungen im Visabereich hatte.

Vielleicht sollte der Zeuge Fischer verunsichert werden?

Die Fragen sollen offensichtlich Fischer politisch schlecht aussehen lassen, aber nicht irgendwie den Untersuchungszweck fördern. Das sind doch im Wesentlichen Rechthabereien.

Aber es sind doch überwiegend Juristen im Ausschuss.

Die haben aber offensichtlich keine forensische Erfahrung wie Kriminalkommissare oder Staatsanwälte. Dass Fischer ungeeignet ist, ein Ministerium zu führen, kann eventuell das Ergebnis eines Untersuchungsausschusses sein. Aber nicht Grundlage jeder so genannten Frage.

Wie müsste gefragt werden?

Ein erfahrener Kommissar würde fragen, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgrund bestimmter Indizien die Angabe richtig sein kann, dass Fischer bestimmte Dinge nicht gewusst hat. Aber: Die Darstellung von Fischer ist erst einmal lebenswahrscheinlich. Und es gibt offensichtlich keine schriftlichen Zeugnisse, dass er zu einem früheren Zeitpunkt als angegeben bestimmte Kenntnisse erlangt hat. Man könnte versuchen, aus ihm rauszubekommen, wie Abläufe konkret gelaufen sind.

Um ihn dann später mit Widersprüchen zu konfrontieren?

Ja. Allerdings haben sich potenzielle Zeugen wie Innenminister Schily längst öffentlich im Sinne von Fischer geäußert. Da ist wenig zu erwarten. Also werden politische Räsonnements abgesondert statt Fragen, zu denen er dann auch nichts anderes tun kann als räsonnieren. Das kostet wahnsinnig viel Zeit.

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