Null Toleranz

Uni-Warnstreik gegen Studiengebühren: Studenten riegeln Hauptgebäude ab. Präsidium sieht „gewaltsame Rechtsbrüche“. Zahlreiche Festnahmen

Ein Großaufgebot der Polizei rückte auf dem Campus an und beendete die Blockade

von Claudius Schulze

Der Protest gegen die Einführung von Studiengebühren in Hamburg hat gestern seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Mit einem uniweiten Warnstreik und einer Blockade des Hauptgebäudes wollten Studierende Präsidium und Verwaltung der Hochschule lahm legen. Die Uni-Leitung zeigte keine Toleranz: Ein Großaufgebot der Polizei beendete die Blockade.

Rund 50 Studenten versperrten am Morgen gegen 6.30 Uhr mit Absperrgittern und Fahrradschlössern sämtliche Eingänge zum Hauptgebäude an der Edmund-Siemers-Allee. Die eintreffenden Verwaltungsangestellten und Studierenden wurden über Lautsprecher und mit Flugblättern über den Grund des Protests und weitere Widerstandsaktionen informiert. Als gegen elf Uhr die Polizei eintraf, hatten die Studis die Gitter bereits entfernt. Dennoch kesselten die Beamten die Demonstranten ein und führten sie einzeln ab. Ihnen wurde Nötigung und Hausfriedensbruch vorgeworfen, rund ein Dutzend wurde festgenommen.

Anschließend versammelten sich etwa 500 Studierende auf der Straße, um gegen das Vorgehen von Polizei und Unileitung zu demonstrieren. Auch mehr als 150 Kommilitonen der Hochschule für Angewandte Wissenschaften beteiligten sich an den Protesten sowie Studis von der Technischen Uni Harburg. Eine spontan angemeldete Demo in Richtung Rathausmarkt wurde von der Polizei nicht genehmigt.

Das Präsidium der Uni reagierte genervt auf den Streik: Er bedauere, dass die „blockierenden Personen nicht auf Vermittlungsversuche der Universitätsleitung und des AStA eingegangen sind“, so Uni-Chef Jürgen Lüthje. Die Aktionen „konnten als klare und gewaltsame Rechtsbrüche nicht akzeptiert werden“. Weder der AStA noch die Demonstranten hätten ein Vermittlungsangebot erhalten, entgegnete Bela Rogalla vom AStA der ehemaligen Uni für Wirtschaft und Politik. Lüthjes Aussage sei „eine unverschämte Lüge“.

Mehrere Hundertschaften der Polizei waren im Einsatz, einige Wasserwerfer wurden bereitgehalten. Nach Angaben des Einsatzleiters Joachim Liesener hatte die Uni-Leitung die Beamten gerufen. „Von der Brutalität der Polizei bin ich entsetzt“, kritisierte Studi-Vertreter Rogalla. Diese habe „vollkommen überzogen“ reagiert. „Vor vier Jahren noch kam der Bürgernahe Beamte und fragte, ob man nicht eine Demo anmelden möchte, heute werden Hundertschaften und Wasserwerfer zusammen gezogen“, beklagt er.

Mancher Dozent reagierte mit Witz auf den Streik: Lars Kohlmorgen hielt sein Politik-Seminar „Vereinte Nationen und Global Governance“ spontan im Dammtorbahnhof ab. Zwar müsse er den Lehrbetrieb aufrechterhalten, erklärte er. Dennoch möchte er „Raum für Protest“ geben. „Ich möchte den Studierenden die Möglichkeit geben, sich am uniweiten Streik zu beteiligen“, so Kohlmorgen.

Heute findet um 14 Uhr eine studentische Vollversammlung im Audimax der Uni statt, bei der über weitere Proteste entschieden werden soll. Bei der 1. Mai-Demo am Sonntag wollen Studis für kostenfreie Bildung mitmarschieren. Vom 2. bis 4. Mai stimmen die Uni-Studenten dann in einer Urabstimmung über einen Generalstreik ab.