Die „letzte Chance“ im Software-Krimi

Um die geplante Patent-Richtlinie der EU doch noch zu stoppen, rufen die Kritiker zu E-Mails an Abgeordnete auf

BERLIN taz ■ Die Gegner von Patenten auf Computersoftware haben „noch eine Chance“ – und die wollen sie nutzen. Das Online-Netzwerk Campact und die Globalisierungskritiker von Attac haben gestern zu einer E-Mail-Aktion aufgerufen, mit der sie die geplante EU-Richtlinie doch noch stoppen wollen. Denn Ende Juni oder Anfang Juli wird der Vorschlag der Kommission im Europaparlament verhandelt. Sollte sich eine Mehrheit der Abgeordneten dagegen aussprechen, würde die Richtlinie nochmal überarbeitet.

Für die Gegner ein absolutes Muss, wie sie gestern in Berlin erklärten. Andernfalls wären steigende Preise und schlechtere Produkte unvermeidlich. Begründung: Wären in der EU Patente auf Software möglich, würde dies das Ende für viele kleine und mittlere unabhängige Programmschmieden sein, befürchtet Johannes Loxen vom Linux-Verband, der die Kampagne unterstützt. „Im Schnitt kostet die Anmeldung eines Patents etwa 40.000 Euro“, so Loxen. Zu viel für viele kleine Firmen – und zudem unnötig, meinen die Initiatoren der Kampagne. Denn das Urheberrecht schütze bereits konkrete Programme.

„Große Unternehmen wie Microsoft oder Adobe drängten dennoch auf die Patentierung“, sagt Campact-Sprecher Bautz. Sie hätten bereits eine Vielzahl von Patenten vom europäischen Patentamt erhalten, die allerdings noch auf einer rechtlich fraglichen Grundlage stünden. So wollten sie kleinere Unternehmen aus dem Markt drängen und gleichzeitig auch die Möglichkeit bekommen, die gesamte Idee hinter einer Software zu schützen. Bautz vergleicht dies mit dem Schreiben eines Krimis. Das konkrete Werk sei durch das Urheberrecht geschützt. Ein Ideenpatent würde aber auch das Genre an sich schützen und so die Rechte am Krimi-Schreiben monopolisieren.

Attac-Vertreter Oliver Moldenhauer bemängelte, dass sich die EU-Minister im März bei der Zustimmung zu der geplanten Richtline über das Votum vieler nationaler Parlamente hinweggesetzt hätten – darunter auch das des deutschen Bundestages. Nun käme es darauf an, die Abgeordneten des Europarlamentes auf die möglichen Folgen der Richtline hinzuweisen. Die Grünen hätten sich bereits dagegen ausgesprochen, doch auch in anderen Fraktionen gebe es Gegner. Campact und Attac fordern daher dazu auf, den 99 deutschen Abgeordneten eine E-Mail zu schicken, um die Richtline zu Fall zu bringen. STEPHAN KOSCH

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