Afghaninnen protestieren gegen Morde

Drei Frauen wegen angeblicher Zusammenarbeit mit ausländischen HiIfsorganisationen vergewaltigt und getötet

BERLIN taz ■ Etwa 500 Afghaninnen haben am Donnerstag in Kabul gegen die jüngsten brutalen Morde an Frauen in ihrem Land protestiert. Zu dem Protest in einem Frauen vorbehaltenen Park der Hauptstadt hatten 26 Frauenorganisationen aufgerufen.

Am Rande einer Straße waren am vergangenen Sonntag in der Provinz Baghlan, etwa 180 Kilometer nördlich von Kabul, die Leichen von drei Frauen gefunden worden. Die Obduktion ergab laut einem Bericht der Nachrichtenagentur AP, dass die drei zuvor vergewaltigt und gehängt worden waren. Bisher konnte erst eine der Frauen identifiziert werden. Auf einem Zettel an den Leichen hieß es, die Frauen seien ermordet worden, weil sie für internationale Hilfsorganisationen arbeiteten.

„Zwar gibt es keine Bestätigung, dass dies wirklich der Grund für den Mord ist, jedoch könnte dies eine Bedrohung von Frauen sein, die für Nichtregierungsorganisationen arbeiteten. Das verurteilt die UN scharf“, sagte UN-Sprecherin Ariane Quentier während eines Pressebriefings in Kabul. Sie forderte die Regierung auf, die Verantwortlichen zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen.

Aus afghanischen Regierungskreisen hieß es, die als Mahbuba identifizierte Frau habe für eine Organisation aus Bangladesch gearbeitet. Der Leiter der Gruppe dementierte dies jedoch. Auf dem an die Leiche gehefteten Zettel bekannte sich eine bisher unbekannte „Jugendbewegung“ zu den Morden. Nach Angaben des Innenministeriums wurden bisher drei Personen, darunter eine Frau, im Zusammenhang mit dem Mord festgenommen.

„Wir wollen, dass Präsident Karsai die hinter den Morden stehenden Kriminellen findet“, sagte Ursala Ashraf von der Organisation HAWCA (Humanitarian Assistance for Women and Children of Afghanistan) am Rande der Demonstration der Nachrichtenagentur Irin, die vom UN-Büro für humanitäre Hilfe betrieben wird. „Es ist schockierend, dass in nur zwei Wochen fünf Frauen brutal bei verschiedenen Zwischenfällen getötet wurden und die Regierung und die internationale Gemeinschaft dazu schweigen.“ Die Demonstrantinnen forderten die Regierung auch auf, gegen die hinter den Morden stehenden überholten Bräuche vorzugehen.

Am 20. April war in der nördlichen Provinz Badachschan eine Frau von Dorfbewohnern gesteinigt worden, nachdem ein Geistlicher ein entsprechendes Urteil des Dorfrats bestätigt hatte. Der nach fünf Jahren Abwesenheit zurückgekehrte Ehemann hatte der Frau Ehebruch vorgeworfen, als sie die Scheidung verlangte.

Bisher wurden nach dieser landesweit zweiten bekannt gewordenen Steinigung seit dem Sturz der radikalislamischen Taliban Ende 2001 dreizehn Dorfbewohner verhaftet. In einem weiteren Fall war eine Frau am 28. April in der westafghanischen Stadt Herat am Rande von Feierlichkeiten erschossen worden.

„Es geht hier nicht nur um die Frage von Sicherheit, sondern auch um den politischen Versuch, Frauen einzuschüchtern und zu entmutigen, bei den Parlamentswahlen zu kandidieren“, sagte Suraya Parlika von der Afghanischen Frauenvereinigung (AWA) in ihrer Rede zu den Demonstrantinnen. Die Wahlen sollen im September stattfinden. Die Rednerinnen der Kundgebung appellierten auch an islamische Geistliche, ihren Einfluss zu nutzen, damit sich solche Verbrechen nicht wiederholten, die den Ruf des Islam und der Muslime befleckten. SVEN HANSEN