Visite mit drei Sternen

Die schleswig-holsteinische Uni-Klinik will in Kiel und Lübeck Hotels für Patienten bauen. Damit will man steigenden Komfort-Ansprüchen der Genesenden Rechnung tragen. Und vor allem Geld sparen

Von Esther Geißlinger

Wer richtig krank ist, dem ist egal, wie das Essen schmeckt. Meint Barbara Schulte vom Vorstand des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein: Schwerkranken käme es mehr auf die fachliche Betreuung an. Ist der Patient aber über den Berg, will er es gemütlicher: „Der Komfort-Anspruch wird höher“, sagt Schulte.

In absehbarer Zeit könnte ein Teil der Kranken aus den Kliniken in Kiel und Lübeck in Patientenhotels umziehen: An beiden Standorten sind entsprechende Gebäude geplant. Ein Luxusmodell? Nein. Ein Spar-Instrument.

Das Konzept ist einfach: Wer nur noch ein bisschen krank ist, muss kein Krankenhausbett blockieren. Die sind nämlich teuer. Er fliegt aber auch nicht ganz aus der Klinik: „Wir wollen bewusst unser eigenes Hotel auf dem Campus errichten“, so Schulte. Denn das Patientenhotel soll ein bisschen Krankenhaus bleiben: Schwestern sind da, ein Arzt kann schnell gerufen werden, an den Betten sind Klingelknöpfe vorgesehen, und im Notfall geht es zurück in die Klinik.

Schulte sieht verschiedene Zielgruppen: Junge Mütter, die mit Kind und Vater ins Hotel ziehen könnten. Oder Menschen nach leichten Operationen, die aufstehen dürfen, aber täglich einen neuen Verband oder eine Untersuchung brauchen. Eine weitere Gruppe sind Patienten, die zu Behandlungen anreisen - etwa Krebskranke, die mehrmals wöchentlich Chemotherapie erhalten und bisher zwischen Wohnort und Klinik pendeln müssen. Diese müssten das Zimmer mit Krankenhausanschluss allerdings selbst bezahlen.

„Nur wenn der Druck hoch genug ist“, weiß Barbara Schulte,„geschehen Veränderungen.“ Für Druck in Sachen Patientenhotels sorgt das neue Abrechnungsverfahren DRG (siehe Kasten), durch das die Krankenhäuser nur noch Fallpauschalen pro Patient erhalten: Je früher der sein teures Bett räumt, desto besser für die Klinik. Was ein ungutes Licht aufs Hotel-Konzept wirft: „Es gibt kritische Stimmen, auch innerhalb des Klinikums“, so Schulte, verspricht aber, dass die Patienten weiterhin gut versorgt werden: „Der Arzt entscheidet, ob jemand verlegt werden kann. Er trägt die Verantwortung und wird daher eher zögern. Eher wird es so sein, dass der Patient es will.“

Patientenhotels sind zurzeit ein heißes Thema in der Krankenhaus-Branche. In Hamburg gibt es bereits das „Strochennest“, allerdings nur für junge Mütter. Die Uni-Klinik Münster ist in der Planungsphase, dicht gefolgt von der Schleswig-Holsteins: Beide wollen etwa in zwei Jahren erste Patienten ins Hotelzimmer schicken. Andere werden folgen: In Berlin gibt es bereits eine eigene Beratungsfirma, die bundesweit Patientenhotel-Konzepte anbietet.

Geplant ist, dass in Kiel und Lübeck Hotels mit jeweils 100 Einzelzimmern entstehen, in die nach Wunsch noch ein Verwandter einziehen darf. Zum Service der Patientenhotels soll die regelmäßige Arztvisite gehören. Und die tägliche Thrombose-Spritze.

Zuvor muss allerdings noch ein Partner gefunden werden: Gesucht wird eine Hotelkette, die einen Standard von drei bis vier Sternen garantiert. Außerdem muss geklärt werden, ob die Krankenkassen die Kosten übernehmen. Aussichtslos ist das nicht: „Wenn es für die Kassen kostenneutral ist und die Patienten es gut finden“ sagt der Sprecher der AOK Schleswig Holstein, Dieter Konietzko, „sind alle glücklich.“ Noch würden allerdings genaue Berechnungen und Zahlen der Klinik fehlen. Auch sei mit der Landesregierung zu klären, ob Hotelbetten mit Klinikplätzen gleichgesetzt würden. Das könnte zu Problemen führen – weil jedes Bundesland über ein bestimmtes Kontingent an Krankenhausbetten verfügt.