Die G 4 prescht zum Sicherheitsrat

Deutschland, Japan, Indien und Brasilien wollen bis Ende Juli ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates werden. Ein ausgeklügeltes Abstimmungsverfahren soll in mehreren Runden die Bedenkenträger China und USA politisch isolieren

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Die Bemühungen um eine Reform des UNO-Sicherheitsrates sind nach über zehnjährigen Diskussionen in der Generalversammlung in eine konkrete Phase getreten. Die vier erklärten Hauptanwärter auf einen ständigen Ratssitz, Deutschland, Japan, Indien und Brasilien (G 4), legten den anderen 187 Mitgliedsstaaten der UNO in der Nacht zum Dienstag einen Entwurf vor für eine „Rahmenresolution“ zur Erweiterung des Rates. In dem Entwurf und in begleitenden Erläuterungen schlägt die G 4 ein dreistufiges Abstimmungsverfahren vor, das sie selber sowie zwei afrikanische Staaten bis Ende Juli zu ständigen Ratsmitgliedern machen soll – möglichst mit Vetorecht.

Mit der Annahme der Rahmenresolution soll die Generalversammlung nach Vorstellung der vier Antragsteller noch „im Juni“ zunächst nur den Grundsatzbeschluss fassen, den Sicherheitsrat von heute 15 Mitgliedern (darunter die 5 ständigen USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien sowie 10 Nichtständige, die im Zweijahresrhythmus rotieren) um weitere 10 Staaten auf dann insgesamt 25 Mitglieder zu vergrößern. Von den 10 neuen Mitgliedern sollen 6 ständige Ratsitze erhalten (je 2 für Afrika und Asien und je 1 für Lateinamerika/Karibik und Westeuropa). Die 4 neuen nichtständigen Sitze sollen von den Regionalgruppen Afrika, Asien, Lateinamerika/Karibik im Rotationsverfahren besetzt werden.

Für die 6 neuen ständigen Ratsmitglieder erhebt die G 4 in dem Resolutionsentwurf auch die – chancenlose – Forderung nach dem Vetorecht. In den begleitenden Erläuterungen erklärt die G 4 allerdings, die Frage des Vetos solle „kein Hindernis sein für die Reform des Sicherheitsrates“. In New York wird damit gerechnet, dass die G 4 diese Forderung noch aufgibt, bevor sie ihren Resolutionsantrag zur Abstimmung stellt.

Die Erweiterung des Sicherheitsrates bedeutet eine Änderung der UNO-Charta. Alle diesbezüglichen Beschlüsse erfordern daher eine Zweidrittelmehrheit von mindestens 128 der 191 Mitglieder der Generalversammlung. Die G 4 ist zuversichtlich, dass nur die rund 40 Länder gegen die Rahmenresolution stimmen werden, die den Rat lediglich um nichtständige Mitglieder erweitern wollen.

Nach Annahme der Rahmenresolution soll die Generalversammlung nach Vorstellung der G 4 dann „Mitte Juli“ über die Kandidatenländer für die neuen ständigen Sitze abstimmen – nicht im Paket, sondern in Einzelverfahren und „in geheimer Abstimmung“. Nach diesem Verfahren müssten China und die USA ihre bekannten Widerstände und Bedenken gegen ständige Sitze für Japan und Deutschland auch in der zweiten Runde noch nicht aktenkundig machen.

„Nicht später als zwei Wochen nach der Bestimmung der neuen ständigen Ratsmitglieder“ soll die Generalversammlung laut Antrag der G 4 dann in einer dritten Abstimmungsrunde die für eine Erweiterung des Sicherheitsrates erforderliche Veränderung der Charta-Artikel 23, 27 und 109 beschließen, in denen die derzeitige Größe, Zusammensetzung und Mehrheitsquoren des Rates festgelegt sind. Das Inkrafttreten dieser Charta-Veränderungen ist abhängig von der Ratifikation durch zwei Drittel aller UNO-Mitglieder. Darunter müssen die bisherigen 5 ständigen Ratsmitglieder sein.

Daher können China und die USA das Streben Japans und Deutschlands auch noch nach der dritten Abstimmungsrunde in der Generalversammlung scheitern lassen. Die G 4 setzt allerdings darauf, dass bis dahin der politische Druck auf Peking und Washington so stark ist, dass dieses Szenario nicht eintritt.