berliner szenen Disko statt Kosmos

Hier kenne ich mich aus

Ende Juli soll das Kosmos-Kino in Friedrichshain dichtgemacht werden. Weil die Betreiberfirma pleite ist. Statt eines Kinos soll es an selber Stelle eine Großraumdisko geben. Berlins Cineastengemeinde müsste aufjaulen: Disko statt Kino, das kommt dem Weltuntergang nahe. Doch Berlins Cineasten beweinen immer noch das Ende des alten Babylon Mitte, wo es aufregende Reihen mit tschechischen Kurzfilmen aus den Sechzigern zu sehen gab. Und das Kosmos ist eben nur ein Multiplex-Kino, eine Abspielstätte für seichtes Hollywood-Kino, was der Großraumdisko schon jetzt ziemlich nahe kommt.

Doch ich liebe mein Kosmos-Kino. Natürlich sind fast alle der dort gezeigten Filme Schrott. Doch bei zehn Sälen wöchentlich macht das durchschnittlich immer noch einen ansehbaren Film in der Woche. Und diesen Hollywood-Film schaue ich mir dann auch an, im Kosmos, und nur im Kosmos. Nicht nur, weil ich das Kino bequem zu Fuß erreichen kann, sondern weil das Kosmos ein liebenswertes Kino ist.

Es ist mein Kino, hier kenne ich mich aus, ich weiß, wie alles funktioniert. Ich weiß, dass vorne am Eingang vier Kassenhäuschen sind, vor denen sich meist lange Schlangen bilden, dass im Foyer aber ein Info-Stand ist, an dem es ebenfalls Karten gibt, und wo oft niemand ansteht. Ich liebe auch das Ritual, immer exakt zwanzig Minuten nach offiziellem Filmbeginn zu erscheinen, um die Werbung zu verpassen. Jedes Mal sagt mir dann die Kassenfrau, ich müsse mich jetzt aber beeilen, da der Film bestimmt gerade begonnen habe, was er dann natürlich noch nicht hat. Nach dem Kino sagen Kosmos-Geher entweder „geiler Film“ oder „was für ein Scheiß“. Andere Kommentare sind direkt nach dem Kino sowieso nicht zu ertragen. ANDREAS HARTMANN