nach dem bvg-streik
: Der Eklat ist wahrscheinlich

Zunächst eine schlechte Nachricht: Es steht zu befürchten, dass dem gestrigen Ausstand der BVG-Beschäftigten in den nächsten Wochen weitere folgen werden. Die Ver.di-Oberen sparen nicht mit markigen Worten über unbefristeten Streik, die BVG-Basis steht geschlossen dahinter. Auch Finanzsenator Thilo Sarrazin rückt keinen Zentimeter von seiner harten Linie ab und weiß die zuständigen AmtskollegInnen und den Regierungschef hinter sich. Ein Eklat in Gestalt eines zweiten Warnstreiks, gar eines unbefristeten Arbeitskampfes ist also wahrscheinlich.

KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE

Die Gegner sollten ihn aber tunlichst vermeiden. Greift die Gewerkschaft zu diesem letzten Mittel, läuft sie Gefahr, die BerlinerInnen gegen sich aufzubringen, die den gestrigen Warnstreik mehrheitlich ignorierten. Doch auch Senat und Parteien können sich einen mehrwöchigen Streik bei dem Nahverkehrsriesen nicht leisten, einmal mehr nicht, da sie nun plötzlich mitten im Wahlkampf stehen.

Landesregierung wie Gewerkschaft tragen Schuld daran, dass es so weit kommen konnte. Der Finanzsenator hat unter den Beschäftigten Zerschlagungsängste geschürt und kaum eine Gelegenheit ausgelassen, die Gewerkschaft zu provozieren. Erst spät hat er seine Vorstellungen konkretisiert und argumentiert mit Zahlenspielen, die der BVG-Historie nicht gerecht werden. Ver.di dagegen verknüpft das Angebot der Beschäftigten, auf Lohn zu verzichten, mit einem Rundum-sorglos-Paket für die BVG. Dies kann der Senat nicht unterschreiben, weil es künftig geltendes EU-Recht karikiert.

In diesem Tarifkonflikt gibt es keine einfache Losung à la „der Senat/die Gewerkschaft hat Recht“. Beide haben sich verkämpft, beide polemisieren, bei beiden ist, leider, so schnell keine Einsicht zu erwarten.

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