Uni-Chef ausgesperrt

Studenten besetzen erneut Uni-Präsidium. Heute Demo gegen Studiengebühren an TU Harburg und Uni-Klinik. Gegen-AStA gegründet

„Präsident Lüthje soll sich klar gegen Studiengebühren aussprechen“

von Eva Weikert

„Lüthje raus!“ steht auf einem Transparent, das vor die Bürotür des Uni-Chefs gespannt ist. Mehrere Tische und Bänke blockieren den Präsidiumstrakt im Uni-Hauptgebäude. Studenten in gelben T-Shirts mit der Aufschrift „summer of resistance“ sitzen darauf. Draußen über dem Gebäudeeingang hängt ein Spruchband „Gebühren stoppen“. Der AStA spielt Musik, Studierende verteilen Flyer und appellieren über Lautsprecher an vorbeihastende Kommilitonen, sich dem Protest anzuschließen.

Mit der Besetzung haben Studenten gestern erneut gegen die Einführung von Studiengebühren protestiert. Mindestens 60 Demonstranten campierten vor dem Eingang des Hauptgebäudes an der Edmund-Siemers-Allee. Einige Protestler hatten ab dem Morgen die Arbeitsräume von Präsident Jürgen Lüthje blockiert. Der setzte gestern – anders als bei vorherigen Aktionen – offenbar auf Deeskalation: Bis Redaktionsschluss ließ er den Protest gewähren und verzichtete darauf, die Polizei zu rufen.

Die Polizei hatte in den Vorwochen mehrfach mit Gewalt Uni-Besetzungen aufgelöst. Die massiven Einsätze handelten dem Senat wie der Uni-Leitung Kritik ein. „Diesmal ist der Lehrbetrieb nicht grundlegend gefährdet“, begründete gestern Nachmittag Lüthjes Sprecher Christian Hild das Stillhalten. Weil der Gebäudezugang nicht blockiert ist, „werden wir im Moment nicht eingreifen“. Der Präsident habe sich für den Tag ein anderes Büro genommen. Die Innenbehörde stellte einen Zug aus 20 Polizisten in der Nähe in Bereitschaft.

AStA-Sprecher Florian Kasiske forderte Lüthje auf, „sich klar gegen Gebühren auszusprechen“. Auch solle das Präsidium seine Anzeigen gegen Studierende zurückziehen. Die Blockade werde über Nacht fortgesetzt. Heute Morgen sollte sie beendet werden, weil die Protestler mit Kommilitonen der Fachhochschule HAW zur Technischen Uni (TU) fahren wollen. Die Harburger sammeln sich ab elf Uhr auf dem Campus, um ebenfalls gegen das Bezahlstudium zu demonstrieren. Parallel protestieren Medizinstudenten in Eppendorf.

Unterdessen verschärft sich an der Uni der Streit um einen neuen AStA. Weil Studenten die Wahl zum Studierendenparlament (Stupa) vom Januar gerichtlich anfechten, kann dieses sich nicht konstituieren und die seit 15. April überfällige AStA-Wahl durchführen. Bei der Wahl hatte die aktuelle AStA-Koalition verloren und die Fachbereichslisten gewonnen. Mehrere Listen, darunter Jura- und Erziehungswissenschaften-Liste, warfen dem AStA gestern vor, „die Konstituierung des Parlaments zu verhindern“ und teilten die Gründung eines Gegen-AStA mit – der „basisnahen Studierendenvertretung“, kurz Basta.

Auch Lüthje forderte das Stupa-Präsidium auf, einen Termin für die Gremiumsbildung festzusetzen. Die Wahlanullierung durch den studentischen Ältestenrat sei „nicht rechtens“. In der „kritischen Situation“, so Lüthje, die von zahlreichen Umstrukturierungen geprägt sei, brauche die Uni-Leitung ein „demokratisch legitimiertes Gegenüber“. Ältestenratsmitglied Stefan Kühn, zugleich AStA-Vorstand, konterte, die Parlamentsbildung sei nicht möglich, „weil es nach wie vor erhebliche Rechtsunsicherheiten über die Gültigkeit der Wahl gibt“.