Sportfreunde from Zero to Hero

„Wir haben ja den Assauer erlebt“ – Sportfreunde Siegen jubelten am Samstag erst, als das Ergebnis der Konkurrenz korrekt übermittelt worden war. Augsburger Versagen ermöglicht Zweitligaaufstieg

Der scheidende Trainer: „Alles muss eben professioneller werden“

AUS DARMSTADTTHORSTEN SCHABELON

Ein Aufsteiger der Herzen wollte Ralf Loose nicht sein. Im Gegensatz zu seinen jubelnden Spielern hielt sich der Trainer von Fußball-Süd-Regionalligist Sportfreunde Siegen beim Abpfiff des 3:2-Siegs seiner Mannschaft in Darmstadt noch zurück. „Wir haben ja den Assauer erlebt“, sagte er. Loose wartete in angespannter Ruhe auf die gute Nachricht. Und die kam lange Minuten später per Handy: Aufstiegskonkurrent Augsburg hatte überraschend gegen Regensburg verloren. Siegen war im 106. Vereinsjahr erstmals in die 2. Bundesliga aufgestiegen.

Ex-Profi Ralf Loose (211 Bundesligaspiele für Dortmund und Düsseldorf) hatte vor einem Jahr einen Vertrag für die Oberliga in Siegen unterschrieben. Der Verein war zum zweiten Mal in Folge sportlich abgestiegen, durfte aber wegen eines Lizenzentzuges auch zum zweiten Mal in Folge in der Regionalliga bleiben. Und mit und dank Ralf Loose wurde aus dem Absteiger am Samstag ein Aufsteiger. Auch wenn es dazu am Ende eines kleinen Fußballwunder bedurfte. „Die werden sich das nicht mehr nehmen lassen“, hatte der Sportfreunde-Trainer über Augsburg gesagt.

Die Augsburger hatten ihre Feierlichkeiten schon detailliert geplant, lagen vor fast 30.000 Zuschauern 1:0 in Führung und waren bis fünf Minuten vor dem Saisonende aufgestiegen. Dann begann das Wunder von Augsburg. Mario Baslers Regensburger, für die es nur noch um die von Siegens Adnan Masic zugesagte Aufstiegsprämie des Sportfreunde-Torwarts ging, erzielten in der 85. und der 90. Minute zwei Tore. Siegen war endlich zweitklassig.

Die Sportfreunde haben sich den Aufstieg mit einer ausgeglichenen Saison verdient, fast die gesamte Rückrunde lagen sie auf dem zweiten Platz hinter Offenbach. Der Wandel vom Absteiger zum Aufsteiger, „from zero to hero“, ist das Werk des Trainers Ralf Loose. Er baute mit gezielten Verstärkungen die heimstärkste Mannschaft mit der sichersten Abwehr der Regionalliga Süd zusammen (29 Tore in 34 Spielen). Und er holte Patrick Helmes aus dem Oberliga- in den Regionalligakader. Ein Glücksgriff. Das Stürmer-Talent, Sohn von Ex-Bundesliga-Stürmer Uwe Helmes, dankte es seinem Förderer mit 21 Treffern und verabschiedet sich als Regionalliga-Torschützenkönig zum 1. FC Köln. Verabschieden wird sich auch Ralf Loose. Als in Siegen die Verhandlungen für einen Zweitliga-Vertrag stockten, nahm er das Angebot des Schweizer Erstligisten St. Gallen an. Er geht „ohne Bedauern, die Entscheidung ist frühzeitig gefallen, in St. Gallen haben wir auch was vor.“

Die fruchtbare Basis für das Werk von Ralf Loose hat Manfred Utsch gelegt. Der erfolgreiche Schilderfabrikant aus dem Siegerland ist Ehrenpräsident des Vereins – und ein Mäzen alten Typs. „1990 habe ich mir das Ziel Bundesliga gesetzt. Bis zu diesem Ziel haben wir 15 Jahre gebraucht. Und es hat viel Kraft und Geld gekostet“, sagte Utsch unmittelbar nach dem Abpfiff am Samstag.

Der Dank an den Mäzen war auch noch Stunden später unter der neuen Flutlichtanlage des rustikalen Siegener Leimbachstadions immer wieder zu hören. „Wir müssen jetzt aber ruhig bleiben“, schaute Utsch im ganzen Trubel schon wieder nach vorne. Im Sportfreunde-Kader haben nur vier Spieler Bundesliga-Erfahrung, fünf bis sechs Spieler sollen kommen. Der Etat wird vor allem durch die Fernsehgelder von 1,5 Millionen auf knapp 6 Millionen Euro aufgestockt. Der ehrenamtliche Vorstand wird durch einen hauptamtlichen Vorstand samt Aufsichtsrat ersetzt. „Alles muss eben professioneller werden“, findet der scheidende Trainer Ralf Loose. Auch einen neuen Trainer haben die Siegener verpflichtet. Jan Kocian ist mit Rot-Weiss Erfurt gerade aus der 2. Liga abgestiegen – und steigt gleich wieder auf.