Regierungskrise in Südafrika

Nach einer Korruptionsaffäre droht Vizepräsident Zuma der Rausschmiss. Der populäre ANC-Politiker ließ sich jahrelang von einem Geschäftsmann aushalten

Nach der Verurteilung seines Finanzberaters wächst der Druck auf Vizepräsident Zuma

KAPSTADT taz ■ Trotz vehementer Dementi seitens der Regierung besteht kein Zweifel: Südafrikas regierende Partei, der Afrikanische Nationalkongress (ANC), steckt in einer tiefen Krise. Hinter verschlossenen Türen wird derzeit beraten, ob Südafrikas Präsident Thabo Mbeki seinen Vize Jacob Zuma rausschmeißen muss oder ob dieser von selbst gehen wird. Eine andere Lösung in der Schmiergeldaffäre, in die Zuma und sein Finanzberater Schabir Shaik verwickelt sind, scheint kaum mehr möglich.

Als Shaik am vergangenen Donnerstag nach einem monatelangen Gerichtsverfahren wegen Betrug und der Korruption für schuldig befunden wurde, erreichte der Konflikt einen vorläufigen Höhepunkt. Mit dem Schuldspruch steht nun fest, dass auch der Vize Jacob Zuma seine Hände nicht weiter in Unschuld waschen kann. Um Zeit zu gewinnen, ziehen sich alle Sprecher und Beteiligten in der Geschichte darauf zurück, den umfangreichen Schuldspruch erst einmal lesen zu wollen.

Am heutigen Dienstag wird nun aber Richter Hillary Squires mit der Urteilsverkündung beginnen. Am Ende könnten 15 Jahre Haft für Shaik stehen.

Die korrupte Beziehung zwischen dem Geschäftsmann Shaik und dessen Nkobi-Unternehmensgruppe sowie dem Vizepräsidenten Zuma zog sich über Jahre hin, in denen Shaik den populären ANC-Politiker Zuma mit Barzahlungen in Höhe von 1,2 Millionen Rand (150.000 Euro), Wohnungen und anderen materiellen Gütern für einen „besseren Lebensstil“ aushielt. Auch nachdem Südafrikas Staatschef Thabo Mbeki 1999 Zuma zu seinem Vize machte, zeigte der ehemalige Befreiungsheld mangelnde finanzielle Disziplin. Über Shaik als Mittelsmann erhielt der 63-jährige Politiker etwa eine Million Rand vom französischen Waffenhersteller Thomson. Er sicherte der Firma Vorteile in einem millionenschweren Rüstungsgeschäft mit der südafrikanischen Regierung, über dem eine Wolke von Korruptionsanschuldigungen hängt. So ist auch der ehemalige Chef der nationalen Strafverfolgungsbehörde, Bulelani Ngcuka, aus dem Amt gedrängt worden, nachdem er mit Vorwürfen gegen Schaik und Zuma schon 2003 für Aufruhr sorgte, aber angeblich aus Mangel an Beweisen Zuma nicht anklagen konnte.

Schaiks Verurteilung bringt die Strafverfolgungsbehörde in ein Dilemma. Sie wägt nun ab, Zuma anzuklagen. Doch um weiteren Imageverlust für Zuma zu verhindern, wäre es günstiger, er wäre nicht mehr im Amt, wenn es zur Anklage kommt, wird spekuliert. Es könnte auch noch zur Gegenklage Shaiks kommen.

Regierungschef Thabo Mbeki hat bisher geschwiegen, um Zuma die Gelegenheit einer Erklärung zu lassen und das Urteil abzuwarten. Doch die Zeit drängt und sollte Zuma zurücktreten, vertieft sich der Riss im ANC, denn Zuma besitzt eine große Gefolgschaft in der Regierungsallianz des Gewerkschaftsverbandes und der kommunistischen Partei sowie der ANC-Jugendliga, die ihn als nächsten Präsidenten 2009 im Amt sehen will. Sie wälzt den Schuldspruch des 72-jährigen Richters auf einen „weißen Konservativen“ ab. Andere ANC-Mitglieder distanzieren sich anonym von Zuma. Der Zeitpunkt dieser Korruptionsaffäre ist äußerst ungünstig für die ANC-Regierung, zumal Zuma selbst und Thabo Mbeki stets drastische Maßnahmen gegen Korruption angekündigt haben und Zuma für die Regierungsinitiative zur „moralischen Regeneration“ des Landes wirbt. Südafrika ist bestrebt, auf dem kommenden G-8-Gipfel in Schottland ein gutes Bild abzugeben. Es wirbt für einen Schuldenerlass und verdoppelte Hilfe für ein verantwortungsvolles Afrika. Ein Vizepräsident, der sich persönlich bereichert, passt dabei nicht ins Bild.

MARTINA SCHWIKOWSKI