Parkplatz für Luxus

Mit „Park Avenue“ versucht der Verlag Gruner + Jahr, mit „Vanity Fair“ zu konkurrieren, noch bevor es die deutsche Ausgabe des Originals gibt

von SILKE BURMESTER

Das deutsche Glamourproblem hat einen Namen: Park Avenue. Die Düsseldorfer Königstraße steht für die Dumpfbiederkeit einer Claudia Schiffer, Münchens Maximilianstraße wird wenig konsumfördernd mit dem gemeuchelten Mosi assoziiert, und Hamburgs Jungfernstieg wäre allenfalls ein Titel für das Kundenmagazin eines osteuropäischen Zuhälterrings, nicht aber für ein High-Class-Produkt aus dem Hause Gruner + Jahr. Bleibt also nur der Blick nach Amerika.

„Wir wollen die Tops im Leser- und Anzeigenmarkt“ wird Zeitschriftenvorstand Bernd Buchholz in der G+J-Pressemitteilung zitiert. Park Avenue, das heute, 240 Seiten stark mit einem Copypreis von 6 Euro und einem Anzeigenpreis von 17.000 Euro pro Seite, erstmals erscheint, ist der optikstarke Versuch, die Premium-Lücke im Portfolio des Verlages zu schließen.

Die Idee, nach Vorbild der amerikanischen Vanity Fair, mittels hochklassiger Autoren hochklassige Geschichten und eben solchen Klatsch fürs deutsche Publikum zu erzählen, hat zuletzt die Mammuts der Branche Werner Funk und Wolfgang Behnken gereizt. Diese konnten ihr Produkt jedoch nicht über das Dummy-Niveau hinausbringen. Dass für ein derartiges Unterfangen, mit dem das verlegerische Ziel verfolgt wird, die Luxusgüterindustrie als Anzeigenkunde zu binden, nun der richtige Zeitpunkt gekommen ist, macht Bernd Buchholz gegenüber der taz am Umstand fest, dass das Bedürfnis nach „relevanter“ Information wachse. Information „über Menschen, die nicht nur prominent, sondern relevant sind. Die einem nicht nur interessant erscheinen, sondern auch ein Stückchen Orientierung bieten, wie man Dinge auch machen kann.“ Zudem habe das Konzept des Ideengebers, des ehemalige FAZ-Mannes und bis dato Art-Redakteur Holger Christmann, 37, überzeugt.

Unter der Herausgeberschaft des National Geographic-Chefredakteurs Klaus Liedke darf Christmann sich nun „Features Director“ nennen und ist für die Textqualität verantwortlich. Nachdem der frühere Spiegel-Journalist und Ex-Max-Chefredakteur Hajo Schumacher ablehnte, konnte die Rolle des Redaktionsführers zum Premiumanspruch adäquat besetzt werden: Alexander Graf von Schönburg. Toller Name, tolle Schwester (Gloria von Thurn & Taxis), ein toller Bestseller übers stilvolle Verarmen ganz aktuell auf dem Markt und vor allem, allem, allem ein dickes Telefonbuch. Ob Nummern allein ein Garant für Relevanz sind, ist mehr als fraglich. Schon in der Pressemitteilung des Verlages heißt es, der Park Avenue-Chefredakteur traf die Ex-Vogue-Chefin und „Mode-Diva“ Angelica Blechschmidt zum Tee: „Sie blieb dabei ihrer Linie treu, keine Interviews zu geben.“

G+J gelingt es, die Hüter des Originals in Bedrängnis zu bringen – mehr durch den Start des Heftes an sich als durch dessen Inhalt. So fotografierte Michael Comte die Schauspieler Sebastian Koch und das Nachwuchstalent Alexandra Maria-Lara, die im Stil des Adels blasiert und arrogant dreinblicken, sich bislang in Interviews aber als Gesprächspartner von der Relevanz eines Veilchenstraußes gaben; außerdem wird unter anderem über böse Menschen berichtet, die den Reichen an der Cote d’Azur das Geschmeide stehlen, sowie aus dem Leben eines russischen Milliardärs.

Seit langem schon heißt es, Condé Nast arbeite an einer deutschen Ausgabe von Vanity Fair.

Auch ist immer wieder Ulf Pochard (ehemals SZ-Magazin) als Macher im Gespräch. Doch auf Nachfrage beim deutschen Verlagssitz in München, welche Pläne es gäbe und wann was zu erwarten sei, ist Schweigen die Antwort. Selbst den Spiegel hat Geschäftsführer Bernd Runge mit einer flachen Aussage („Wir sehen uns das an wie jedes andere Heft auch. Es gibt viele Gesellschaftsmagazine, aber nur eine Vanity Fair“) abgespeist. Dabei liegt die Stärke von Condé Nast in mehr als nur einem gefüllten Telefonbuch: Eine deutsche Vanity Fair-Ausgabe würde die guten Artikel der US-Ausgabe bringen und über ihren Markenwert gleichfalls die besten deutschen Autoren verpflichten können.

Zwar scheint hierzulande das Interesse an amerikanischer Kultur und Lebensart zu nachzulassen, ein Einbezug ihrer intelligentesten Köpfe oder Scoops wie das Outing von „Deep Throat“, dem Informanten im Watergate Skandal durch Vanity Fair letzte Woche, sind von einer Bedeutung, bei der nur Alexander von Schönburg selbst wissen wird, ob die Telefonnummern, die er im Buche trägt, da mithalten können.

Gruner + Jahr setzt darauf, der erste Verlag zu sein, der den Platz auf dem Edelboulevard besetzt. Erst der Konkurrenzkampf mit dem Original wird zeigen, ob er sich dort auch halten kann.