Viele chinesische Mauern im Netz

BERLIN taz ■ Es gibt nicht nur eine große Chinesische Mauer, mit der die Regierung das Land von westlichen Einflüssen abschotten will. Im Internet behindern viele kleine Schutzwälle den Informationsfluss.

So werden elektronische Filter eingesetzt, die auf bestimmte Signalwörter anspringen – wie „Freiheit“, „Demokratie“ oder „Menschenrechte“. Zum Beispiel bei dem Microsoft-Programm MSN-Spaces, mit dem so genannte Blogs, also kürzere Diskussionsbeiträge, ins Internet gestellt werden können. Allerdings nur, wenn sie keine „anstößigen“ Begriffe enthalten. Doch auch Suchmaschinen wie die von Google betriebene „baidu“ oder „Yisou“ (Yahoo) arbeiten mit solchen Filtern, die bestimmte Websites blockieren. Dabei ist oft gar kein staatlicher Druck auf die Softwareanbieter nötig. „Die Firmen bauen solche Filter vorsorglich ein“, sagt Colin Schlüter, Computerfachmann bei den Globalisierungskritikern von Attac.

Das Ausweichen auf nichtchinesische Suchmaschinen ist problematisch, da der technische Zugang ja über chinesische Provider läuft. Auf dem Weg durch das Netz ins Ausland durchlaufen die Datenpakete auch die „Zensur-Infrastruktur“. Die reagiert auf problematische Adressen zum Beispiel mit Rückgabe falscher Internetseiten oder mit der Untersuchung des Datenverkehrs auf Schlüsselworte. Nicht immer ist vorhersehbar, ob eine Seite gesperrt ist oder nicht. Bei einer entsprechenden Untersuchung des Chaos Computer Clubs (CCC) waren Google.com oder BBC zeitweise zugänglich.

Chinas Regierung setzt nicht nur Technik zur Net-Überwachung ein. Hinzu kommen geschätzt 30.000 menschliche Cyberpolizisten. Verstöße werden auch mit Gefängnis bestraft. Im August 2004 waren nach CCC-Angaben 61 User in wegen Regierungskritik in Haft.

STEPHAN KOSCH