Welfen unter’m Hammer

Das Haus Hannover lädt zur Monster-Auktion. Museen sichern sich das Vorkaufsrecht für die Schätze des Adels

Wenn ab Ende September acht Tage lang etwa 20.000 Objekte aus dem Besitz der Welfen auf Schloss Marienburg bei Hildesheim unter den Hammer kommen, steigt eine der größten Auktionen dieser Art in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Silber, Waffen, Gemälde, Uhren, Möbel und weiterer Tand aus dem Besitz des Welfengeschlechts vom frühen 15. bis zum späten 19. Jahrhundert sind im Angebot. Sotheby’s-Chef Patrick van Maris hat bereits weltweites Interesse am Welfen-Schatz registriert. Bei den letzten ähnlich großen Versteigerungen derer von Thurn und Taxis (1993) und der Markgrafen von Baden (1995) flogen einige Scheichs, Magnaten und Kunstsammler per Privatjet ein.

Das Haus Hannover geht ans Tafelsilber, weil die Blaublüter pleite sind. Die Prinzen Ernst August und Christian wollen mit dem Geld aus der Auktion eine Stiftung gründen, die das neogotische Schloss Marienburg zum „Neuschwanstein des Nordens“ macht. Weil 14 Millionen Euro Erlös in Aussicht stehen, ist sich der Welfen-Clan mittlerweile spinnefeind. Prinz Heinrich muffelte, die Versteigerung käme einem „Ausverkauf der Geschichte Niedersachsens und der Welfen gleich“.

Moment mal, dachten da zehn Museumsdirektoren aus Niedersachsen und sicherten sich beim Adelsgeschlecht das Vorkaufsrecht für Exponate von landesgeschichtlicher oder kunsthistorischer Bedeutung: „Es geht um mehrere Dutzend Objekte“, sagte am Freitag Martin Eberle vom Städtischen Museum in Braunschweig. Auf einer Reise nach Amsterdam, wo der Welfen-Schatz derzeit katalogisiert wird, haben die Direktoren bereits ein Portrait von Herzog Ludwig Rudolf aus dem Jahr 1734, sechs französische Fayence-Teller von 1810 und Zweihänder und Richtschwerter aus dem Spätmittelalter ausgeguckt. Weitere wertvolle Stücke dürfen die Museen auf der Auktion ohne den sonst üblichen Aufschlag ersteigern.

Keine Angst, für Otto-Normal-Ersteigerer – täglich werden bis zu 3.000 Interessenten erwartet – bliebe noch genug Adels-Nippes übrig, versicherte Kultusminister Lutz Stratmann (CDU), der die Sache einfädelte: „Kunsthistorisch haben die Märchenschlösser Marienburg wie Neuschwanstein nicht den allerhöchsten Wert“. „Als Museumsmensch leuchten meine Augen ein bisschen, als Privater schon sehr“, formulierte es der Braunschweiger Eberle.

Logisch ist aber: Vom Land gibt es keinen Cent für die Aktion, sechs Kulturstiftungen wollen für die Museen zahlen. Wie viel er in der Kriegskasse hat, wollte Dominik von König von der Stiftung Niedersachsen gestern nicht verraten. Mindestens sechsstellig dürfte die Summe jedoch sein. Kai Schöneberg