Eine erregte Debatte

Uefa-Präsident Lennart Johansson wünscht sich erotischere Trikots für die kickenden Damen – die Empörung ist groß. Wird eine Sportart wirklich attraktiver, wenn sich die Sportler „sexier“ kleiden?

Seit dem gestrigen Spätnachmittag wird entweder die deutsche oder die norwegische Fußball-Nationalmannschaft der Frauen als Europameister feststehen. Und vermutlich haben das in England ausgetragene Endrundenturnier wieder einmal ziemlich wenige Menschen verfolgt. Weniger noch als beim letztjährigen Weltmeisterschaftstriumph – woran nicht nur die Parallelität der Ereignisse (Confederations-Cup) schuld sein dürfte. Was tun?

„Sex sells“, wird sich da der schwedische Uefa-Präsidenten Lennart Johansson gedacht haben: „Wenn man über dieses Thema spricht, ist sicher nichts dagegen zu sagen, wenn der Dress der Frauen auch nett aussieht. Sicher wäre es manchmal schön, wenn man sehen könnte, dass es Frauen sind“, sagte der 75-Jährige dem englischen Radiosender BBC.

Der Frauenfußball solle also körperbetonter werden, wie beim Beach-Volleyball, einer Sportart, die RTL inzwischen zur besten sonntäglichen Sendezeit live überträgt.

Ein ähnlich klägliches Bild bietet nun auch die aktuelle Debatte. Da sind allesamt männliche Verbandsfunktionäre, die den Frauenfußball wegen seiner vermeintlich fehlenden Anmut geißelten und jetzt in der plumpen Zurschaustellung des vermeintlichen Sexappeals die größtmögliche Distanz zum eigentlichen Männersport bewahren wollen: dem „echten“ Fußball. Wenn sich das Ganze dann noch gut verkauft – umso besser.

Es sind, wohl gemerkt, dieselben Funktionäre, die umgekehrt der (männlichen) Nationalmannschaft Kameruns, den „Löwen“, gerade erst endgültig die körperbetonten, ärmellosen Puma-Trikots verboten haben.

Längst liegen lesbische Blicke ähnlich wohlwollend auf der deutschen Damen-Nationalmannschaft wie auf TV-Kommissarin Ulrike Folkerts – das voyeuristische Vergnügen eines schwulen Publikums allerdings, dieses größte Tabu im Profi-Fußball, soll offenbar unter allen Umständen verhindert werden. Schließlich kommt man hierzulande durch „Kampf zum Spiel“, nicht zum Sex – wenn auch die Popularität mancher Tennisspielerinnen auf den spitzen Schreien zu beruhen scheint, die sie in der Anstrengung des Spiels ausstoßen und damit gelangweilte Zuschauer auf eine Weise unterhalten, die über das technische Vergnügen an einem guten Volley hinausgeht.

Dennoch ist die Frau auf dem Court als Athletin anerkannt, während sie beim Fußball offenbar in mehr als nur sportlicher Hinsicht eine gute Figur machen muss. Zumal die männlichen Fußballer längst zum Lustobjekt weiblicher Zuschauer gereift sind. Das geheime Leben der Spielerfrauen interessiert zwar als TV-Format kein müdes Mäuschen, aber ein Leben als Spielerfrau erscheint dennoch vielen als erstrebenswert.

Der Portugiese Manuel Rui Costa beispielsweise verkörpert – fernab von der Beckham-Manie – alles, was Frauen an Fußballern schätzen: Er sieht gut aus, ohne allzu gestylt zu wirken, ist männlich und, wie wir vermuten, nicht eben arm.

Zwar behauptet er, seine Schulbildung vernachlässigt zu haben. Aber wenn er erst mal läuft, dann interessiert es die Frauenwelt wenig, ob er nun wirklich weiß, wo der Nil entspringt. Dergleichen würde frau ja nun gar nicht mit ihm besprechen wollen. Hauptsache, er zieht irgendwann beim Elfmeterschießen seine Socken nach unten.

Frauen braucht also niemand zu sagen, dass Fußball sexy sein muss. Zumal das Objekt der Begierde im Idealfall reich, im Idealfall durchtrainiert, bereist und oft, durch seine weltweiten Kontakte, multikulturell angehaucht daherkommt. Keine schlechte Partie.

Hierzulande ist das absolute Alpha-Männchen in dieser Hinsicht Franz Beckenbauer. Ihm ist offenbar mühelos gelungen, den Reiz seiner überlegenen Physis allmählich durch eine mindestens ebenso erotische Aura der Macht zu ersetzen – und so seinem kaiserlichen Beinamen mit der Zeit immer gerechter zu werden. Seinem ehemaligen Mannschaftskollegen von 1974, dem später als Gastronom in den USA geschäftlich gescheiterten Gerd Müller, ruft man den „Bomber“ nur noch aus Spott oder Melancholie nach. Beckenbauer indes, dieser Traum aller Chefsekretärinnen, bewährt sich auch im Alter als Mann der Tat.

Und da ist leider auch eine deutsche Frauenfußballnationalmannschaft, die die Regeln des (Show-)Geschäfts bereits jetzt schon viel zu gut beherrscht. Im Werbeclip für ein fettfreies Fruchtgummi haben ausgerechnet die beiden den gängigen, männlich definierten Schönheitsidealen am eindeutigsten entsprechenden Spielerinnen die Hauptrollen übernommen: die blondhaarige Mia Künzel und die dunkelhäutige Steffi Jones. Die Damen mit den dickeren Schenkeln und den kürzeren Haaren gucken im Bildhintergrund zu. Wer die Fremdzuschreibungen auf die eigenen Körper so hinreichend ökonomisiert, hat sich letztlich wohl nicht zu wundern, wenn ein Uefa-Präsident auf doofe Gedanken kommt. CLEM, FRA, NAT