Imam jubelt über den Rechtsstaat

Der wegen Hetzreden ausgewiesene Imam der Mevlana-Moschee darf bleiben. Das entschied das Bundesverfassungsgericht. Körting erkennt keine grundsätzliche Korrektur an seinem Kurs

von ADRIENNE WOLTERSDORF

Der frühere Imam der Berliner Mevlana-Moschee, Yakup Tasci, darf vorerst nicht abgeschoben werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gestern entschieden. Damit hebt das BVG die Entscheidungen der Berliner Gerichte gegen den 59-Jährigen auf. Tasci hatte zuletzt vor dem Berliner Landesverfassungsgericht einstweiligen Rechtsschutz vor einer sofortigen Abschiebung wegen Hetzreden beantragt. Das aber hatten die Richter im April abgelehnt. Daraufhin hatte der türkische Geistliche Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt.

Tasci, der seit 1971 in Deutschland lebt und die Kreuzberger Mevlana-Moschee mit begründete, sollte auf Anordnung der Berliner Ausländerbehörde ausgewiesen werden, weil er mit seinen hetzerischen Reden die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährde. Berliner Verwaltungsgerichte hatten dies in zwei Instanzen bestätigt. Das Oberverwaltungsgericht urteilte damals, Tasci habe durch die Billigung terroristischer Straftaten das friedliche Zusammenleben erheblich gestört. Auch vor dem Berliner Landesverfassungsgericht war der türkische Geistliche danach mit seiner Verfassungsbeschwerde gescheitert.

Die Karlsruher Richter entschieden nun, die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte verletzten den Imam in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz. Sie wurden deshalb aufgehoben und an das Verwaltungsgericht Berlin zurückverwiesen. Zudem muss Berlin dem Mann die Kosten der Verfassungsbeschwerde erstatten.

Karlsruhe habe „die Notwendigkeit, sich von geistigen Brandstiftern zu trennen, mit diesem Entscheid grundsätzlich nicht in Frage gestellt“, betonte ein Sprecher der Berliner Innenbehörde. Senator Ehrhart Körting (SPD) verstehe das BVG-Urteil so, dass damit deutlich gemacht werde, dass der Rechtsstaat bei sofortigem Vollzug der Abschiebung eben besonders hohe Ansprüche habe.

Erwartungsgemäß erfreut zeigte sich gestern Yakup Tasci. In einer Presseerklärung ließ er mitteilen, dass „zumindest das höchste deutsche Gericht sich nicht von populistischer Medienmasse aus der Ruhe bringen lässt“. Tasci ließ zudem den deutschen Rechtsstaat hochleben.

Die Berliner Ausländerbehörde hatte den Prediger im vergangenen Dezember ausgewiesen. Ihm wurde vorgehalten, auf einer Kundgebung der türkischen Extremistenorganisation Milli Görüs in Kreuzberg islamische „Märtyrer“ in Jerusalem und im Irak verherrlicht zu haben. Innensenator Körting hatte in den Äußerungen einen „Nährboden für Terrorismus“ gesehen.