Jagd auf Stimmen und Wale

In der Walfangkommission verliert Japan die Voten, erlegt aber künftig mehr Tiere

TOKIO taz ■ Bei der Jahrestagung der Internationalen Wahlfangkommission (IWC) wurde gestern Japans Antrag abgelehnt, den kommerziellen Fang von Minkwalen im Pazifik zu erlauben. Damit erlitten die Befürworter des Walfanges in allen vier entscheidenden Abstimmungen dieser Woche eine Niederlage. Umweltschützer hatten befürchtet, die Stimmenverhältnisse im 66-Staaten-Gremium könnten im südkoreanischen Ulsan erstmals seit 20 Jahren zu Gunsten der Waljäger kippen. Die Konferenz endet heute.

Ungeachtet der Beschlüsse der IWC wird Japan die Fangquote für Zwergwale aber verdoppeln, auf über 900. Neuerdings nimmt Japans Walflotte auch je 50 Buckel- und Finnwale ins Visier, beide Arten sind vom Aussterben bedroht. Der stark ausgeweitete Walfang stehe im Dienste eines neuen Wissenschaftsprogramms, behauptet Tokio.

Zwar gibt die Internationale Walfangkonvention den Mitgliedstaaten das Recht, zu Forschungszwecken Wale zu jagen. Trotzdem wird Japan beschuldigt, diesen Passus als Schlupfloch zu nutzen und das Moratorium für kommerziellen Walfang von 1986 zu hintergehen. 63 Wissenschafter, die mit der IWC zusammenarbeiten, schrieben dieser Tage, es sei „wissenschaftlich unzulässig“, Japans neuestes Forschungsvorhaben überhaupt genauer anzusehen. Zu allererst müssten die Untersuchungen eingehend evaluiert werden, die Japan seit dem Moratorium gemacht habe. Mit der Fangquote für Zwergwale – die Japan angeblich zu Forschungszwecken jage – werde das Land auf das Niveau des kommerziellen Walfangs zurückkehren. Island, das ebenfalls mit der Harpune Forschung betreibt, begnügte sich 2004 mit 25 Tieren. Mehrere Delegationen stellten die Notwendigkeit in Frage, weitere Meeressäuger zu erlegen, um die Wissenschaft vorwärts zu bringen.

Japans Walkommissar Joji Morishita wies die Kritik als emotional zurück. Um die Bestände nachhaltig zu erforschen, müsse der Mageninhalt ausgewertet werden. Morishita verteidigte zudem den Verzehr von Walfleisch. „In der Internationalen Konvention steht, das Tier solle im Anschluss an die Untersuchungen so gründlich wie möglich verarbeitet werden.“

Mit seiner forschen Waldiplomatie riskiert Japan, den guten Willen zu verspielen, den es für ein anderes Vorhaben braucht: Tokio sammelt derzeit Stimmen für einen permanenten Sitz im UN-Sicherheitsrat. Eine These für Tokios kompromisslosen Standpunkt in der Walfrage: Das Land, dessen Bevölkerung sich wie kaum ein andere von Meerestieren ernährt, befürchte, künftig könnte der Fang von Thunfischen oder Delphinen eingeschränkt werden.

Umweltverbände kritisieren, dass die Walfangkommission nicht weit genug gehe: „Es gibt 80 Walarten, in der IWC streitet man sich um einige wenige Arten“, so Thomas Henningsen von Greenpeace. Die IWC ist nur für 13 Walarten zuständig. Auch würden Themen wie Meeresverschmutzung oder Beifang, die hunderttausende Wale das Leben kosteten, ausgeklammert.

MARCO KAUFFMANN