Aids-Hilfsplan kann nicht erfüllt werden

Bis Ende des Jahres wollte die WHO 3 Millionen Aidskranke in den armen Staaten mit Medikamenten versorgen. Derzeit sind es nur 1 Million

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat erstmals öffentlich eingeräumt, dass zentrale Ziele ihres weltweiten Kampfs gegen Aids nicht mehr zu erreichen sind. Es sei unwahrscheinlich, dass genügend Aids-Patienten in armen Ländern mit lebensverlängernden Medikamenten behandelt werden könnten, teilte die WHO in Genf mit.

Der Bedarf an Medikamenten könne bei weitem noch nicht gedeckt werden, erklärte der zuständige WHO-Direktor Jim Yong Kim. Bislang konnte die antiretrovirale Therapie laut WHO erst bei einer Million Menschen in Entwicklungsländern angewendet werden. Laut WHO-Plan hätten damit bis Ende Juni 2005 aber 1,6 Million Personen behandelt werden sollen. Das Ende 2003 aufgelegte Hilfsprogramm der WHO und von UNAIDS sieht jedoch vor, dass bis zum Jahresende insgesamt 3 Millionen Menschen in den armen Staaten die Therapie erhalten sollen.

„Wir sind ganz klar enttäuscht, weil wir nicht alle Menschenleben retten konnten“, sagte Jim Kim. Nach Schätzungen benötigen derzeit etwa 6,5 Millionen Aids-Kranke in Entwicklungs- und Schwellenländern die antiretrovirale Therapie. Weltweit sind etwa 40 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert. Im Jahr 2003 starben rund 3 Millionen Menschen an der Krankheit.

Antiretrovirale Medikamente, die in Industrienationen üblich sind, können die Immunschwäche zwar nicht heilen, lindern aber die Symptome und verhindern einen frühen Tod der Infizierten. Die Pillen für einen Aids-Kranken in Afrika gibt es mittlerweile schon für 140 US-Dollar pro Jahr. Neue Kombinationspräparate, die drei Wirkstoffe enthalten, sind einfach zu dosieren: Es genügen zwei Tabletten am Tag. Sie werden als Generika, etwa in Indien, hergestellt.

Die WHO macht finanzielle Probleme für den Misserfolg des Programms verantwortlich. Laut WHO-Berechnungen sind mindestens weitere 14,6 Milliarden Euro nötig, um den Kampf gegen Aids in den nächsten drei Jahren erfolgreich zu führen. Die 22 Milliarden Euro, die von Regierungen und anderen Gebern für die Periode 2005 bis 2007 zugesagt wurden, seien nicht ausreichend, so die WHO. Zudem gebe es Koordinierungsprobleme. Befürchtet wird aber auch, dass nicht alle Staaten ihre Zusagen einhalten werden. WHO und UNAIDS appellierten daher auch auch mit Blick auf die derzeitigen Beratungen der acht großen Industriestaaten (G 8) an die weitere Spendenbereitschaft.

Trotz der weit hinter den Erwartungen zurückbleibenden Fortschritte bei der Medikamentenversorgung vermeldete die WHO auch positive Ergebnisse. So hätten in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara inzwischen rund 500.000 Menschen Zugang zu Therapien, mehr als dreimal so viele wie vor einem Jahr. EPD, DPA, AFP