Unten gegen oben

Rasant, aber nicht ohne Makel: J. J. Connollys harter Drogenkrimi „Layer Cake: Willkommen im Club“

„Ich will nicht wieder da landen“, sinniert der namenlose Held, ein Gentleman-Dealer der mittleren Ebene, um sich selbst und dem Leser seine kriminelle Motivation zu erklären. „Wieder in einer von diesen engen Buden, samstags zum Abendbrot Würstchen, Eier und Fritten, während der Alte seinen Totoschein checkt, den er hinter der Uhr aufbewahrt, den er von seinem Alten geerbt hat. Dabei war das Höchste, was er je gewonnen hat, ein Gratislos für die nächste Woche. Näher ran kam er nie.“

Stattdessen will er noch ein paar lukrative Geschäfte abwickeln, bevor er sich leidlich wohlhabend in Rente begibt – mit 30! Aber dann setzt ihm Jimmy Price, ein höherer Charge zu, er möge die Tochter seines alten Kumpels Eddy Ryder finden. Ryder ist mittlerweile ein Verbrecher von internationalem Rang, aber geschützt durch die Fassade der Wohlanständigkeit, und schon längst kein Freund mehr. Price will ihn realiter mit der Tochter unter Druck setzen, außerdem spielt er ein falsches Spiel, verpfeift die eigenen Leute gegen Belohnung bei den Bullen. Unser Ich-Erzähler steht schon auf der Abschussliste, also muss er handeln – aus dem sanften, bürokratisch-korrekten Händler wird ein Killer …

Das ist dann wohl auch die subtextuelle Moral dieses ein bisschen zu sehr nach hart gekochter Coolness heischenden Romans: dass es so etwas wie Moral eben nicht gibt in solchen Kreisen, dass die Rede von der Verbrecherehre nichts weiter ist als eine hübsche Phrase. Es gibt noch eine andere Botschaft, die als Laufband durch die Textoberfläche schwimmt und die, so richtig auf altenglisch, dem Leser das notwendige Klassenbewusstsein beizubiegen sucht. „Die da oben“ nämlich, also die vermeintlich ehrbaren Großfinanziers, sind sowieso die Allerschlimmsten – auch mit dieser Spruchweisheit wird der Leser einmal zu oft agitiert. Alles nur eine Frage der Zeit, bis die schön geschmierte Politik den Drogenverkauf legalisiert und die Absahne im großen Stil beginnt. Aha. Betrogene Neonazis bringen dann noch etwas Unordnung ins Spiel, und die Russenmafia darf natürlich nicht fehlen.

„Layer Cake: Willkommen im Club“ will ein betont zynisch-abgewichster Drogenkrimi sein und gefällt sich ein wenig in „Pulp Fiction“-Nachfolge, allerdings ganz ohne dessen strukturelle Avanciertheit und dialogische Brillanz. Connolly fehlt leider – und das ist der eigentliche Makel dieses durchaus rasant beginnenden Buchs – die narrative Potenz, seine verzweigte Story schlüssig zu integrieren. Die Handlung verheddert sich, je länger der Roman dauert, das Personal wird stetig aufgestockt, was nicht viel beiträgt, und die Unübersichtlichkeit nimmt dadurch noch zu. Alles in allem verliert das Buch nach etwa der Hälfte einfach an Spannung. Man fragt sich durchaus, wie diese maßlos euphorischen Kritiken in England zustande gekommen sind. Vielleicht ist Kritikerehre da drüben ja auch nur so ein Wort … FRANK SCHÄFER

J. J. Connolly: „Layer Cake: Willkommen im Club“. Aus dem Englischen von Conny Lösch. Rogner & Bernhard bei 2001, Berlin 2005, 460 S., 14,90 Euro