Mehr Speed als Verstand

Männer, deren Hasenzähne den Speichel des Geifers nicht zurückhalten werden: Opel Berlin zeigt Zeichnungen des Cartoonisten Wolfgang Sperzel. Das Image der Marke als Produzent von Prollkarren wird hiermit kaum angegriffen

Opel hat ein Imageproblem. Seine Wagen standen lange Zeit für die Mobilität ganzer Bundeswehrjahrgänge, die mit viel Speed, aber wenig Verstand samstagnachts von Dorfdisse zu Dorfdisse jagten. Der Opel Manta gilt als Prollkarre schlechthin. Kein anderes Auto wird eine so hohe Ralle- und Uschi-Dichte aufweisen, kein anderes Modell war es wert, die eigene Soziosphäre so ausgeleuchtet zu bekommen wie die Tuningbombe 1991 im Film „Manta Manta“.

So liefen die Management-Bemühungen der letzten Jahre darauf hinaus, das Proll-Umfeld zu verlassen und sich dort anzusiedeln, wo VW einst den Erfolg einfuhr: bei der breiten Masse. Die Hoffnung lag zuletzt auf dem neuen Modell des Opel Astra und dem Wunsch, er könne auf der Gunstskala die Stelle des Golfs einnehmen.

Weil zu einem modernen Verständnis auch ein modernes Auftreten gehört, wurde in Berlins Friedrichstraße das „Marken- und Kommunikationszentrum der Adam Opel AG“ eingerichtet, in dem auch Ausstellungen stattfinden. So hatte das bereits 1929 an Amerikaner verkaufte Unternehmen den Mut, die Amerika-kritischen Antikriegsbilder der Künstlerin Inge Besgen zu zeigen.

Für den Sommer nun soll es etwas lustiger zugehen, die Zeichnungen des Cartoonisten Wolfgang Sperzel sind zu sehen. Sperzel, der seit 1993 die Welt der Autofahrer zwischen eingebauter Vorfahrt und Bullenkelle für die Auto Bild illustriert, ist ein nimmermüder Beobachter des Verkehrs und seiner Protagonisten. Nach dem Motto „Du bist, was du fährst“ charakterisiert er die Fahrer und Fahrerinnen der einzelnen Marken zu treffenden Klischeevorstellungen und findet die Zustimmung beim Betrachter nicht nur über den Witz, sondern vor allem über das Wiedererkennungsmoment.

Die Welt des 1956 geborenen Schnurrbartträgers Sperzel ist die der Überhöhung des Autos. Wer in seine Welt eintaucht, landet auf der sehr deutschen Ebene, auf der Autos alles sind. In Blech gegossene heilige Kühe, die es – bei allen Fehlern – wert sind, Mittelpunkt des Daseins zu bilden. Ihre Fahrer minderwertige Kuhhirten, deren Fehler das Unterhaltungspotenzial ausmachen. „Was Männer bewegt“ heißt die Ausstellung, die als wandernder Herrenwitz nach Städten wie Greiz und Kühlungsborn nun nach Berlin kommt.

Mitte Juni hatte Jean-Marc Gales, Exekutiv-Direktor Vertrieb, Marketing und Service bei Opel, ganzseitige Anzeigen in großen Tageszeitungen schalten lassen. Darin sprach er mittelständische Unternehmer an und warb für Opel „als richtigen Partner bei der Auswahl von Firmenfahrzeugen“.

Opel habe sich sehr verändert und könne nun wieder höchste Qualität bieten. „Unsere Zeit ist geprägt von Dynamik und Veränderung“, hatte Gales seine Bemühungen um eine neue Wahrnehmung eingeleitet.

Diese Veränderung erscheint nicht in allen Teilen der Firmenpolitik ersichtlich: Die Einladungskarte zur Ausstellung „Was Männer bewegt“ ziert die Rückansicht eines knallroten Opels, der von einem völlig weggetretenen Pulk von Männern beglotzt wird. Männern, denen die Augen übergehen, deren Hasenzähne den Speichel des Geifers nicht werden zurückhalten können. Daneben – ebenfalls von hinten, den Minirock und die Pumps im Opel-Rot gehalten – eine kurvenreiche Blondine.

Vielleicht tut man Opel Unrecht, dies als prollig oder gar als überholte Humorebene auszulegen. Immerhin haben sie das Motiv den neuen Zeiten angepasst. Den gleichen Cartoon gibt es auf der Homepage zur Ausstellung: Hier hat der Wagen noch das Kennzeichen „GE - IL 234“.

SILKE BURMESTER

Bis 23. 9., Mo.–Fr. 10–20 Uhr, Sa., So. und an Feiertagen 10–18 Uhr. Opel, Friedrichstraße 94, Mitte