Digitalisieren geht über Studieren

An der FU soll im Herbst eine neue Verwaltungs-Software eingeführt werden: Kurse können dann online gebucht, Scheine digital übermittelt werden. Individuelle Bedürfnisse der Studierenden kämen dann zu kurz, kritisiert der Asta

Sie gehören zu den nervigsten Stunden des Semesters: die schier endlosen Wartereien im Vorzimmer von DozentInnen, die den wichtigen Schein noch immer nicht ausgefüllt oder eine Hausarbeit trotz vieler Anrufe nicht bewertet haben. Ähnlich aufreibend ist das bange Ausharren, ob man in dem gewünschten, aber sehr begehrten Sprachkurs noch Platz findet. Probleme dieser Art könnten an der Freien Universität (FU) Berlin bald der Vergangenheit angehören. Dort soll zum Wintersemester eine neue Studienverwaltungssoftware der Firma SAP eingeführt werden. Danach wird die Scheinvergabe ebenso online verlaufen wie die Abgabe und Benotung von Hausarbeiten und die Eintragung in die Teilnahmelisten.

Die Reform war nötig geworden, weil die Einführung der neuen Studiengänge mit den Bachelor- und Masterabschlüssen die bisherige Software – und mehr noch die UniversitätsmitarbeiterInnen – zunehmend überforderte. Die FU-Verwaltung setzt große Hoffnungen in die neue Software und hat extra eine Info-Hotline gestartet. Sowohl die Studierenden als auch das Personal würden davon profitieren, ist die Botschaft, die dort vermittelt wird. Und auf der Webseite, auf der die neue Software vorgestellt wird, heißt es, das Programm garantiere den Studierenden eine flexible und ortsunabhängige Organisation des Studiums und fördere die Eigenverantwortlichkeit der Kommilitonen. „Sie können sich für ihre Module, Prüfungen und Lehrveranstaltungen online anmelden und sich jederzeit über ihren individuellen Leistungsstand informieren.“

Trotzdem regt sich Protest an der Uni: Das StudentInnenparlament hat am 14. Juni die Einführung der neuen Software abgelehnt und die Aussetzung der bisherigen Vorbereitungen gefordert. Alles nur Nörgeleien von TechnikgegnerInnen? Mitnichten, betont der Referent für Studienangelegenheiten im Asta der FU, David Gutzmann. „Der Beschluss wurde mit großer Mehrheit von allen studentischen Gruppen außer dem RCDS verfasst.“ Gutzmann glaubt zwar, dass die neue Software sicher manche Erleichterungen im Unialltag bringen werde. Doch er möchte auch über die Nachteile reden, die die schöne neue Computerwelt den Studierenden bringen kann. „Die im Rahmen des Projekts geplanten universitätsweit einheitlichen Fristen für die Abgabe von Hausarbeiten, die Anmeldung zu Lehrveranstaltungen und Prüfungen schränken die studentische Entscheidungsfreiheit enorm ein“, befürchtet er. Bisher habe man mit den DozentInnen noch darüber verhandeln können, ob man an einem vollen, aber gerade dringend benötigten Kurs teilnehmen kann. Jetzt setze die Software die Fakten. Genauso sei es mit dem Abgabeterminen für Hausarbeiten. „Auf die individuellen Bedürfnisse der Studierenden wird da keine Rücksicht mehr genommen“, kritisiert auch die Hochschulreferentin des FU-Asta, Jenny Simon.

Eine Mitarbeiterin des Campus-Managements, das seit Monaten an der Einführung der Software arbeitet, sieht sich als falschen Adressaten der Kritik. „Mit der Software werden nur gesetzliche Vorgaben umgesetzt.“ Dem stimmt Jenny Simon ausdrücklich zu. „Nicht die Software, sondern die mit der Einführung der Bachelor- und Masterabschlüsse verbundenen neoliberalen Vorgaben in der Bildungspolitik sind das Problem.“ Doch mit der Einführung der Software werden die Folgen für die StudentInnen spürbar. Deshalb müsse vor der Einführung über die Vor- und Nachteile diskutiert werden. Doch bisher seien die Vorbereitungen unter Ausschluss der KommilitonInnen gelaufen, kritisieren die StudentenvertreterInnen. Das soll sich jetzt ändern. PETER NOWAK

Am Donnerstag, den 7. Juli, lädt der Asta um 12 Uhr im Raum KL 26/130 in der Silberlaube zur Informationsveranstaltung über die neue Software ein.