bewegung und strategie
: Spannende Frage des Partners

Die Sozialforumsbewegung ist nicht die erste außerparlamentarische Opposition, die mit dem Anspruch auftritt, eigenständig gegenüber den Parteien zu agieren. Das ist ihren Vorgängern nicht immer und dauerhaft geglückt. Das Verhältnis zwischen Sozialdemokratie und Gewerkschaften etwa lässt sich ebenso intim wie instrumentell nennen, zumal oppositionelle Einstellungen bei den Gewerkschaften längst nicht mehr gesellschaftspolitisch, sondern nur noch konjunkturell bestimmt sind.

KOMMENTAR VON JÜRGEN REENTS

Bei Grünen und Anti-AKW- oder Friedensbewegung ist es komplizierter: Eine einst engere Partnerschaft ist hier beiderseits weitgehend aufgelöst, da die Bereitschaft der einen, frühere Grundsätze im Zuge des Mitregierens aufzugeben, und die der anderen, an ebendiesen Grundsätzen festzuhalten, kaum noch ein aufeinander abgestimmtes Handeln zulassen.

Es waren aber nicht allein Bedrängungen der jeweiligen Parteien, die die Bewegungen zeitweise oder dauerhaft in deren Fahrwasser geraten ließen. Immerhin lag es im Interesse der Bewegungen, nach Multiplikatoren im politischen Raum Ausschau zu halten. Vor einem solchen Spannungsfeld wird auch die Sozialforumsbewegung unweigerlich stehen, wenn und sofern sie mehr als eine Veranstaltung sein will, deren Bedeutung von ihren Akteuren zwar hoch geschätzt wird, die gesellschaftlich aber marginal bleibt. Die Vorstellung, hier könne etwas entstehen, was grundlegende Veränderungen jenseits und ungeachtet der Parteien herbeiführen kann, dürfte jedenfalls eine (bedauerliche) Illusion sein.

Die spannende, wenn auch alte Frage ist, ob die Sozialforumsbewegung einen politischen Partner finden kann, der ihr gegenüber unter Zurückstellung organisatorischer Egoismen zu glaubwürdigerem Respekt fähig ist. Schaut man auf die Sozialforums-Themen, wird sich eine solche Debatte vorrangig mit der Linkspartei auseinander zu setzen haben. Am Sozialforum läge es, sich nicht selbst Fesseln anzulegen und sich aus falsch verstandener Prinzipientreue einer Kooperation zu verweigern – die Linkspartei andererseits dürfte das Sozialforum nicht als bloße Pressure-Group und Kaderreservoir missbrauchen. Zweifellos ist die Linkspartei dabei stärker gefordert.

Jürgen Reents ist Chefredakteur des Neuen Deutschland