WM-Jobs: prekär und temporär

Die Bundesagentur für Arbeit und der Deutsche Fußball-Bund starten einen Vermittlungspakt für neue WM-Arbeitsplätze. Optimistische Prognose erwartet 50.000 zusätzliche Stellen. Experten gehen aber nur von maximal 10.000 Langzeitjobs aus

VON FABIAN KRÖGER

Ein Spektakel wie die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 erfreut nicht nur die Herzen der Fans, sondern bietet der Bundesagentur für Arbeit (BA) auch einen willkommenen Anlass, um medienwirksam eine Reduzierung der Arbeitslosenzahlen zu verkünden. Mindestens 50.000 zusätzliche Arbeitsplätze werden laut BA-Prognose durch die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland entstehen.

Bei der Vermittlung dieser neuen Jobs will die Bundesagentur eng mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) zusammenarbeiten. „Beschäftigungsoffensive WM 2006“ nennt sich die Aktion vollmundig, die BA-Vorstand Heinrich Alt und der geschäftsführende DFB-Präsident Theo Zwanziger sowie DFB-Generalsekretär Horst Schmidt gestern in Nürnberg unterzeichneten. „Wir möchten die WM nutzen, um Arbeitssuchenden eine Perspektive zu bieten und Arbeitgeber von unserem Service zu überzeugen“, so Alt. Die zusätzlichen Stellen sollen vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie im Dienstleistungssektor rund um die zwölf WM-Stadienorte entstehen. Die Vereinbarung sieht vor, dass der DFB bei Fifa-Partnern, nationalen Förderern und weiteren Dienstleistern für die Jobvermittlung der Arbeitsagentur wirbt. Freie Stellen sollen der Bundesagentur zur Vermittlung weitergemeldet werden.

Doch Erfahrungen mit ähnlichen Großveranstaltungen in der Vergangenheit – wie etwa bei der Expo 2000 in Hannover – haben gezeigt, dass hierbei hauptsächlich befristete und eher unsichere Beschäftigungsverhältnisse entstehen. Vollwertige langfristige Arbeitsplätze werden nur in sehr geringer Anzahl geschaffen. Selbst Zwanziger musste eingestehen, dass es vor allem „viele temporäre Jobs geben“ werde.

Angesichts dieser Aussichten ist es verwunderlich, dass sich die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di gestern nicht zu einer Stellungnahme bereit erklärte. Denn schließlich bietet die Bundesagentur für Arbeit mit ihrer „Beschäftigungsoffensive WM 2006“ vor allem Unternehmen die Möglichkeit, an billige Arbeitskräfte heranzukommen: Arbeitgeber, die im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft Personal benötigen, können über eine eigens geschaltete bundesweite Rufnummer ihren Bedarf bei der Bundesagentur melden. Großkundenbetreuer aus den Regionaldirektionen oder Arbeitsvermittler aus den zwölf Spielorten der Weltmeisterschaft nehmen die Personalwünsche entgegen, klären mit den Arbeitgebern die jeweiligen Anforderungen des Arbeitsplatzes und schlagen dann geeignete Bewerber vor.

Zweifel gibt es auch an den von DFB und Bundesagentur erwarteten mindestens 50.000 neuen Jobs: Schon Anfang Juni war eine Studie der Postbank zu den Beschäftigungseffekten der WM lediglich auf maximal 40.000 neue Arbeitsplätze gekommen. Außerdem werden nach Einschätzung der Postbank höchstens 10.000 dieser Arbeitsplätze auch wirklich auf Dauer bestehen bleiben.

Das Gros der Ausgaben entfalle dabei bereits im Vorfeld auf die anstehenden Baumaßnahmen, neben Aus- und Umbau der Stadien und der Verkehrsinfrastruktur beispielsweise Hotelneubauten. Hintergrund dieser Berechnungen sind Wirtschaftsprognosen, nach denen die rund eine Million zur Weltmeisterschaft erwarteten ausländischen Besucher etwa 850 Millionen Euro für Hotels und Restaurants, Sport- und Fanartikel sowie andere Produkte ausgeben werden. Damit könne das Wirtschaftswachstum im Jahr 2006 um etwa 0,3 Prozentpunkte höher liegen als ohne WM. Deutsche Firmen könnten mit 3,5 Milliarden Euro zusätzlichem Umsatz rechnen.