Agfa wickelt Mitarbeiter ab

Bei der AgfaPhoto-Gesellschaft müssen mehr als 860 Mitarbeiter gehen. Schon zum 1. August verlieren die ersten ihre Jobs. Dann können sich die Fotowerker ein Jahr lang weiter qualifizieren

AUS LEVERKUSENISABEL FANNRICH

Die insolvente AgfaPhoto GmbH mit Hauptsitz in Leverkusen wird die Hälfte ihrer derzeit 1.715 Mitarbeiter entlassen. Schon zum 1. August sollen die ersten von bundesweit mehr als 400 Stellenkürzungen erfolgen, teilte der vorläufige Insolvenzverwalter, Andreas Ringstmeier, gestern in Leverkusen mit. Für diesen Zeitpunkt werde er dem Amtsgericht Köln die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen von AgfaPhoto vorschlagen. Der Kölner Rechtsanwalt bezeichnete die Einschnitte bei dem Traditionsunternehmen als „notwendig. „Nur so können wir AgfaPhoto zunächst selbstständig weiterführen“.

Der Betrieb könne nach dem 1. August seine Tätigkeit fortsetzen, so Ringstmeier: „Das war nicht immer sicher.“ Außer der Kunststoffproduktion falle kein Geschäftsfeld weg, sagte Hans-Gerd Jauch, seit 1. Juni Geschäftsführer. In Leverkusen mit den Sparten Film und Fotopapier sollen von bislang 866 Beschäftigten ab August nur noch 700 weiter arbeiten. Stark betroffen sind München und Peiting, wo mehr als 200 Mitarbeiter gehen müssen. Allerdings werde kein Mitarbeiter die Kündigung erhalten, so Insolvenzverwalter Ringstmeier, sondern könne „freiwillig“ für ein Jahr in die geplante Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft wechseln. Die Finanzierung der Gesellschaft „im zweistelligen Millionenbereich“ sei bereits gesichert. Am Wochenende soll mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan verhandelt werden.

Der vom Betriebsrat beauftragte Sanierungsberater sei „selbstverständlich zu gleichlautenden Erkenntnissen“ gekommen, so Ringstmeier. Der Grund für die Stellenstreichungen seien neue Produkte, so Geschäftsführer Jauch. Der Verbraucher wolle nicht mehr analoge, sondern digitale Fotografie. Der Produktionseinbruch „setzt sich überraschend beim Fotopapier fort“, sagte er und verwies auf die Pläne des Konkurrenten Kodak, in den nächsten zwei Jahren weltweit 40 Prozent seiner Mitarbeiter zu entlassen.

Laut Geschäftsführung wird derzeit mit Investoren über die Übernahme einzelner Geschäftsbereiche verhandelt. Für die nächsten Monate sei die Auftragslage „gesichert“. AgfaPhoto werde „mit ausreichender Liquidität in das geöffnete Insolvenzverfahren hinein gehen“, sagte Jauch. Der Betrieb strebe weiterhin ein Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung an.

Die Ursachen der Firmenpleite will Ringstmeier noch in einem Gutachten für das Kölner Amtsgericht klären. Etwa die Frage, „ob vorhersehbar war, dass das Geld am Schluss ausgegangen ist“, sagte er. AgfaPhoto war im November 2004 vom belgischen Konzern Agfa-Gevaert an Investoren verkauft worden. Dabei war es zum Streit um den Kaufpreis gekommen, der ehemalige Mutterkonzern sperrte Konten von AgfaPhoto. Als Ende Mai das Unternehmen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellte, zeigte sich der Leverkusener Betriebsratsvorsitzende Bernhard Dykstra „geschockt“: Das neue Management habe „nie irgendwelche Andeutungen“ über die bedrohliche Situation gemacht.