„Springer will jetzt alleine Stars machen“

Boulevard im TV zu vermarkten ist verlockender, als politische Meinungsmacht auszuüben, sagt Bernd Gäbler

taz: Herr Gäbler, sehen wir demnächst anstelle von ProSieben oder Sat.1 Springer TV?

Bernd Gäbler: Springer muss erst einmal zeigen, dass sie dort Fernsehen machen können – dummerweise ist das bisher immer gescheitert. Ich weiß auch nicht, ob es jetzt ein spezifisches Springer-Fernsehen geben wird. Springer wird die ProSiebenSat.1-Formate via Bild und Programmpresse noch stärker anpreisen und N 24 als Nachrichtensender stärker profilieren.

Werden dann auch Sat.1 und Pro Sieben politischer?

Das ist schwer vorherzusagen. Man wollte bei Sat.1 ja schon mal sehr politisch sein. Doch als Heinz Klaus Mertes den Kanzler Kohl zart umspielte, waren das alles Flops. Die große Stärke von Springer, den Print-Boulevard zu beherrschen, kommt heute doch überall im gesamten TV-Angebot vor: Von „Punkt 12“ bis „Brisant“, von „taff“ bis „leute heute“ verfilmen doch alle mehr oder weniger Bild. Ob da die Konzentration unter einem Dach die Wirkung potenziert, muss sich erst noch erweisen.

Also doch kein „Bild TV“?

Nein, so ein Format wird es nicht geben, das würde scheitern. Aber als große Idee steht dahinter, alle Verwertungsketten unter einem Hause rasseln zu lassen. Dass Bild mit dem Format „Deutschland sucht den Superstar“ der RTL-Konkurrenz zusammenwirken musste, war für den Konzern natürlich nicht so fürchterlich fröhlich. Springer will jetzt alleine Stars machen, Stars verwerten.

Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner rechnet jetzt mit aggressiverem Wettbewerb …

Der Deal ist natürlich eine Herausforderung, vor allem für den Hauptkonkurrenten Bertelsmann und ganz besonders für dessen RTL-Sendergruppe. Ab jetzt kämpfen zwei deutsche Konzerne auf dem europäischen Markt. Aber wenn Bertelsmann wirklich kontern will, geht das nur im deutschen Boulevardzeitungsmarkt, möglicherweise sogar durch Gratiszeitungen.

Und vom politischem Ehrgeiz hat sich Springer ganz verabschiedet?

Der Aufbau von Boulevard-Verwertungsketten ist jedenfalls die stärkere Idee, als unmittelbar politische Meinungsmacht auszuüben. Wobei gilt: Wachsam sein ja, Panikmache nein.INTERVIEW: STEFFEN GRIMBERG