Stallparty: Hausarrest für Geflügel

Verbraucherministerin Künast verbietet die Freilandhaltung von Geflügel, um der Vogelgrippe zu vorzubeugen. Das wird manche Hühner stressen. Forscher und Naturschützer bezweifeln allerdings, dass Wildvögel das Virus übertragen werden

VON SUSANNE GÖTZE
UND FABIAN KRÖGER

Die Angst vor der Vogelgrippe hat das Verbraucherschutzministerium gestern veranlasst, eine Eilverordnung zu erlassen: Alle Geflügelhalter müssen ab 15. September ihre Tiere einsperren. So soll verhindert werden, dass sich die Hühner oder Puten bei Zugvögeln anstecken, die aus Asien kommen und Deutschland überqueren werden.

Widerstand der betroffenen Züchter ist nicht zu befürchten: „Das Geflügel muss eingestallt werden, oder die Gehege müssen notfalls mit Netzen überzogen werden“, sagte auch Stefan Völl vom Deutschen Bauernverband zur taz, der gestern an der Expertenrunde im Verbraucherministerium teilnahm. Die gute Nachricht für die Geflügelzüchter ist, dass sie ihr Label „Freilandhaltung“ behalten dürfen.

Am schwierigsten wird es für kleinere Betriebe: Für sie bedeute die Eilverordnung „ein neues Management“, so Völl. Sie wüssten oft nicht wohin mit dem Geflügelkot, der dann in den engen Gehegen anfällt. Die Biobauern hingegen sehen sich gut gerüstet, obwohl auch sie ihr Geflügel meist frei laufen lassen. „Die meisten Bauern verfügen über geräumige Ställe“, erklärte Peter Röhrig vom Bund Ökologische Landwirtschaft (BÖLW). Nur vereinzelt würde befürchtet, dass beispielsweise Aggressionen in den Herden auftreten, weil die Tiere nach draußen wollen.

Doch trotz dieser möglichen Probleme plädieren viele Geflügelhalter dafür, die Freilandhaltung noch früher zu verbieten. Denn in den Niederlanden gilt das Verbot schon ab Montag.

Allerdings ist umstritten, ob die Zugvögel aus Asien überhaupt eine besonders große Gefahr darstellen. So warnt der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) davor, bei ziehenden Wildvögeln und dem „Rotkehlchen im eigenen Garten“ in Panik zu geraten.

Auch Stadt-Tauben sind ungefährlich, wie Professor Hafez vom Institut für Geflügelkrankheiten in Berlin der taz erklärte: „Sie bleiben im Stadtgebiet und kommen nicht mit infizierten Zugvögeln in Kontakt, die auf dem freien Land Rast machen.“

Viel gefährlicher seien illegalen Vögelimporte, warnt Pro Wildlife: Jährlich würden über 1,7 Millionen Zier- und Wildvögel eingeführt. Bund und Länder wollen deshalb einen Importstopp für osteuropäisches Geflügel verhängen und Tiertransporte verstärkt kontrollieren.

Während Ziervögel eine Gefahr darstellen können, ist dies bei wilden Zugvögeln umstritten: „Ich bezweifle stark, dass die Ausbreitung in Russland durch Wildvögel erfolgte. Diese Erklärung ist für die Behörden am einfachsten“, kritisiert Professorin Ortrud Werner von der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere (BFAV). Es sei „ganz schlimm, dass die Vögel so verteufelt werden“, sagte sie der taz. Das BFAV habe seit 2001 über 4.000 Wildvögel untersucht. Nur wenige würden bisher einen Grippevirus in sich tragen. Daher sei es extrem unwahrscheinlich, dass das Virus auf Geflügel überspringe und so mutiere, dass es ganze Hühnerställe infizieren kann.