Rumsfeld erweitert den Hinterhof der USA

Verteidigungsminister besucht Paraguay und Peru. In Paraguay sind neuerdings 150 US-Soldaten als „Berater“ aktiv

PORTO ALEGRE taz ■ US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ist zum dritten Mal in neun Monaten nach Südamerika gereist. Nach einem Besuch in Paraguay forderte er am Donnerstag von dem peruanischen Präsidenten Alejandro Toledo, US-Soldaten Immunität zu erteilen. Bereits 101 Staaten hätten sich verpflichtet, Verstöße von US-Bürgern auf ihrem Gebiet nicht vor den Internationalen Strafgerichtshof zu bringen. Im Juni hatten die USA auf eine entsprechende Weigerung Ecuadors mit der Kürzung von Militärhilfe reagiert. Im Mai hatte Paraguays Senat einem Immunitätsgesetz für US-Soldaten zugestimmt.

Wie zwei Tage zuvor schon in Paraguay forderte Rumsfeld auch in Peru, die lateinamerikanischen Staaten müssten sich gemeinsam gegen das „antisoziale, destabilisierende Verhalten“ Kubas und Venezuelas zur Wehr setzen. Der Politologe Marco Cepik aus Rio de Janeiro vermutet, die USA nutzten die derzeitige Korruptionskrise in Brasilien, um in Südamerika weiter Fuß zu fassen. Zum Beispiel in Paraguay: Im Juni verzichtete der Mercosur-Staat auf etwaige Schadensansprüche, die sich aus seiner militärischen Zusammenarbeit mit den USA ergeben könnten und ließ 150 US-Soldaten sowie 156 Angehörige der Nationalgarde von Puerto Rico ins Land. Ende 2006 wird in Asunción ein FBI-Büro eingerichtet. 65 Offiziere der paraguayischen Luftwaffe erhalten bereits eine Ausbildung im Antiterrorkampf, und in drei Provinzen werden tausende Bauern von US-Helfern verarztet.

„Die US-Missionen werden immer auch als humanitäre Hilfe deklariert“, sagt der Menschenrechtsaktivist Alfredo Boccia Paz. Doch wie viele US-Agenten nunmehr ein- und ausreisten, könne die paraguayische Regierung nicht feststellen. In der Chaco-Region nahe der bolivianischen Grenze würden die Marines eine Militärbasis errichten, behaupten Kritiker mit Verweis auf 13 angekündigte gemeinsame Manöver. Asunción und Washington bestreiten dies.

Genauso sei 1999 die Errichtung der US-Basis im ecuadorianischen Manta vorbereitet worden, sagt Vidal Acevedo von der Menschenrechtsgruppe Serpaj. Paraguay wollten die USA für ihre Truppen in ein „zweites Panama“ verwandeln, um den Süden des Kontinents zu kontrollieren. Ihr besonderes Augenmerk gelte den strategischen Rohstoffen in der Region, dem riesigen unterirdischen Süßwasserreservoir Guaraní ebenso wie den Erdöl- und Erdgasvorkommen im Südosten Boliviens.

Im Dreiländereck Paraguay/Brasilien/Argentinien hat Washington schon lange eine angebliche Terrorgefahr ausgemacht. Die arabische Kolonie von Ciudad del Este beherberge Al-Qaida-Finanziers, heißt es gebetsmühlenhaft seit dem 11. September 2001. Und die kolumbianische Farc-Guerilla soll auch in Paraguay in den Drogenhandel und ins Entführungsgeschäft verwickelt sein – ein Vorwurf, den der kolumbianische Botschafter in Asunción vorgestern dementierte. GERHARD DILGER

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