Pilger schreckten vor Gewalt nicht zurück

Beim Weltjugendtag in Köln kam es vereinzelt zu Gewalt gegen Schwule und Lesben. Auch die Aidshilfe traf bei der Kondomverteilung vereinzelt auf Widerstand bei jungen Katholiken und amerikanischen Fundamentalisten

Köln taz ■ Zu tätlichen Übergriffen einer amerikanischen Pilgergruppe gegen Homosexuelle kam es nach Augenzeugenberichten am vergangenen Donnerstag während des 20. Katholischen Weltjugendtages (WJT). Unter dem Motto „Kann denn Liebe Sünde sein?“ hatten sich rund 1.500 Lesben und Schwule an der Route von Papst Benedikt XVI. getroffen, um ihn mit Regenbogenfahnen und Protestplakaten zu begrüßen. Mit Beschimpfungen und Rempeleien versuchten dagegen homophobe Pilger die auf den Papst wartenden Demonstranten abzudrängen. „Die Polizei verhinderte durch ihr beherztes Einschreiten Schlimmeres“, lobt eine Augenzeugin die Ordnungshüter.

In einer Resolution an Papst Benedikt XVI hatte zuvor der Kölner Lesben- und Schwulentag e.V., politischer Dachverband der lokalen Community, gemeinsam mit weiteren deutschen und internationalen Lesben- und Schwulenverbänden einen „offenen Dialog zu den Fragen der gleichgeschlechtlichen Liebe“ gefordert. Dabei sollen die neuesten Erkenntnisse der Humanwissenschaften und der katholischen Lehre als Grundlage dienen. Im Schreiben an den Papst beklagten die Homoverbände, dass viele gläubige Lesben und Schwule unter der ablehnenden Haltung der Amtskirche litten. In ihren Gemeinden fänden sie oft kein Gehör, weil viele katholische Amtsträger starke Berührungsängste mit dem Thema Homosexualität hätten.

Unterdessen machten auch die Mitarbeiter der Aids-Hilfe Köln, die während des katholischen Massenevents insgesamt 33.000 Kondome und Infobroschüren unter die gläubigen Pilgerscharen verteilten, mehrfach Bekanntschaft mit gewaltbereiten Gläubigen. Im Anschluss an die Eröffnungsmesse am letzten Dienstag im Rhein-Energie-Stadion umringten italienische und polnische Jugendliche die Mitarbeiter und schlugen ihnen die mit Kondomen gefüllten Bauchläden aus den Händen. Junge Amerikaner beschimpften die Präventions-Profis als „Babymörder“ und „schlechte Menschen“. „Wir haben aber auch viel positive Resonanz bekommen“, erklärt Klaus Kwaschnik von der Aids-Hilfe Köln. Viele Jugendliche hätten die Kondome gerne angenommen, solange kein Betreuer in der Nähe gewesen sei.

Derweil beschädigten Unbekannte mehrere Plakate der Kampagne „Gute Katholiken verwenden Kondome“, die seit vergangenen Montag in den Kölner U-Bahnhöfen hängen. „Unsere Aktion kommt gut an“, zieht Tobias Raschke von dem kritischen Laienbündnis „Wir sind Kirche“-Jugend dennoch eine positive Bilanz. Widerspruch erntete die Initiative, die während des katholischen WJT mit 50.000 Postkarten für den Kondomgebrauch warb, von ein paar „vor allem amerikanischen Fundamentalisten“. Zu Übergriffen gegen die Kirchenkritiker sei es jedoch nicht gekommen. THOMAS SPOLERT