Bayern unter Wasser

Heftige Regenfälle haben gestern weite Teile Südbayerns ins Chaos gestürzt. Ortschaften wurden von den Wassermassen überflutet und Brücken fortgerissen, zahllose Straßen und Bahnlinien waren unpassierbar. In fünf Landkreisen herrschte Katastrophenalarm. Garmisch-Partenkirchen war von der Außenwelt abgeschnitten, das öffentliche Leben brach weitgehend zusammen. „In Garmisch sind wir in einer Chaos-Phase“, sagte Polizeisprecher Bernd Putzer. Selbst Rettungskräfte hätten Schwierigkeiten, zu der Marktgemeinde am Fuß der Zugspitze vorzudringen. Im Ortsteil Partenkirchen trat die Partnach über die Ufer. Die Hauptstraße wurde daraufhin zu einem provisorischen Kanal erklärt. Mehr als 1.000 Helfer waren im Dauereinsatz, der Katastrophenstab verhängte ein allgemeines Fahrverbot. Nach ersten Meldungen kamen in Bayern keine Menschen ums Leben.

Im nahe gelegenen Eschenlohe brach auf einer Länge von 50 Metern ein Damm. Hunderte Helfer versuchten mit Sandsäcken, die Fluten einzudämmen. Auf den Straßen stand teilweise 20 Zentimeter hoch das Wasser. Bereits in der Nacht waren Teile des Ortes evakuiert worden. Nach dem Dammbruch wurde die Evakuierungsaktion auf beide Ufer ausgedehnt, sagte Albrecht Ott, Sprecher des Landratsamtes. Die Anwohner wurden demnach mit Bundeswehr-Hubschraubern aus ihren Häusern gerettet. „Da ist der Teufel los“, sagte Ott.

Katastrophenalarm herrschte bis gestern Nachmittag auch in Kempten, Augsburg, Penzberg und im Landkreis Weilheim-Schongau. In Augsburg drohte eine Autobahnbrücke einzustürzen. Die Autobahn A 8 München–Stuttgart wurde deshalb total gesperrt. Die A 98 nach Garmisch-Partenkirchen war ab Sindelsdorf wegen Überflutung gesperrt. Auch zahlreiche Schienenstrecken wurden gesperrt, die Bahn konnte aber wegen überfluteter Straßen auch keine Ersatzbusse einsetzen. In Kempten wurden die Bewohner von rund 40 Häusern evakuiert, darunter rund 125 Bewohner eines Seniorenheims, weil eine Brücke zu bersten drohte. Das bayrische Umweltministerium ordnete unterdessen an, Speicherseen abzulassen, um die Wassermengen aufzunehmen. Landesweit sind nach Ministeriumsangaben tausende Helfer unterwegs. Der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) wollte noch am Nachmittag die Hochwassergebiete besuchen.

Die tagelangen Regenfälle haben auch mehrere Alpentäler und Städte in Österreich und der Schweiz überschwemmt. Dabei kamen in der Schweiz bisher fünf Menschen ums Leben. Dort verschärfte sich die Lage im Züricher Oberland, in der Zentralschweiz und im Kanton Bern. Auch in Westösterreich spitzte sich die Lage gestern Nachmittag zu. Viele Orte waren von der Außenwelt abgeschnitten, darunter Ortschaften im Lechtal, in der Region Landeck und im Kleinwalsertal. In der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck stieg der Pegel des Inns gestern um etwa 25 Zentimeter pro Stunde. Im Ötztal kam ein Bewohner unter einer Steinlawine ums Leben. In Reuthe in Vorarlberg wurden mehrere Bewohner eines Wohnhauses verletzt, nachdem das Hochwasser die Haustür eingedrückt hatte. Dabei kam es zu einer Explosion. Der Zugverkehr in der Region wurde komplett eingestellt, nachdem in der Nacht zu Dienstag ein Güterzug entgleist war. Die Rheintalautobahn A 14 wurde zum Teil gesperrt.

Das bayrische Landesamt für Umwelt rechnete gestern damit, dass die Hochwasser im Laufe des Tages noch weiter ansteigen werden und die Lage auch heute kritisch bleibt. Der Deutsche Wetterdienst prognostizierte noch bis in die Nacht kräftige Schauer. Erst heute Nachmittag soll der Regen nachlassen. DPA, AP, RTR