UNO kritisiert Globalisierung

Weltsozialbericht rechnet mit dem neoliberalen Wirtschaftsmodell ab

BERLIN taz ■ Zehn Jahre nach dem Weltsozialgipfel in Kopenhagen haben die Vereinten Nationen weltweit eine wachsende Kluft zwischen Arm und Reich kritisiert. Die Globalisierung werde von wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheit begleitet, heißt es im Weltsozialbericht 2005, der am Donnerstag in New York vorgelegt wurde.

Die Kluft tue sich zwischen Ländern, aber auch innerhalb vieler Staaten auf der Basis unterschiedlicher Qualifizierung der Arbeitskräfte und Teilnahme an Entscheidungsprozessen auf. Zunehmende Arbeitslosigkeit und Billiglöhne, Gewalt und die Ausbreitung von Aids und Malaria gehörten zu den brennendsten Problemen. UN-Generalsekretär Kofi Annan mahnte zu mehr Entschlossenheit bei der Armutsbekämpfung.

Noch nie hat die UN-Abteilung für Wirtschafts- und Sozialangelegenheiten (DESA) so deutliche Kritik an der neoliberalen Wirtschaftspolitik geübt. UN-Untergeneralsekretär José Antonio Ocampo warnte bei der Präsentation des Berichts, dass einseitig auf Wirtschaftswachstum ausgerichtete Entwicklungsstrategien zu zunehmender sozialer Ungleichheit führten. Er plädierte für eine Entwicklungspolitik, die die Grundbedürfnisse aller einbezieht. Eine der schwerwiegendsten Formen von Ungleichheiten beruhe auf Geschlechtsdiskriminierung: 60 Prozent der ohne legalen Schutz tätigen informellen Arbeiter seien Frauen.

Etwa ein Viertel aller Arbeiter weltweit verdiene so wenig, dass nicht mehr als ein US-Dollar täglich pro Familienmitglied bereitstehe. Ein Dollar täglich gilt als Grenze für absolute Armut.

Die UN-Experten konstatieren eine große Asymmetrie auf globaler Ebene. Demnach verfügt die eine Milliarde Menschen, die in Industrieländern lebt, über 80 Prozent der weltweit erzeugten Wirtschaftsleistung. 5 Milliarden Menschen in den ärmeren Ländern müssen sich mit 20 Prozent begnügen. FRÉDÉRIC DUBOIS

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