Verschwundene Ziele

Armutsbekämpfung und UN-Reform hängen zusammen, sagt Kofi Annan. Falsch und auch egal, antworten die USA

GENF taz ■ Welche Fortschritte haben die 191 UNO-Mitglieder bei der Umsetzung der vor fünf Jahren von 176 Staats-und Regierungschefs beschlossenen „Millenniumsziele zur Halbierung der weltweiten Armut bis zum Jahre 2.015“ gemacht? Dieses Thema ist der ursprüngliche Anlass für den UNO-Reformgipfel Mitte September. Inzwischen stehen zusätzlich die Vorschläge zur UNO-Reform auf dem Programm, die Generalsekretär Kofi Annan im März vorgelegt hat. Geht es nach der Bush-Administration, dann soll das ursprüngliche Thema völlig von der Tagesordnung verschwinden.

Systematisch (an insgesamt 35 Stellen) will die US-Regierung den Begriff „Millenniumsziele“ aus dem vorliegenden Entwurf für die Abschlusserklärung des Gipfels tilgen lassen. Damit begibt sich Washington in diametralen Widerspruch zu Annan. Der Generalsekretär ist überzeugt, dass ohne eine Umsetzung wenigstens dieser bescheidenen Ziele bis zum Jahre 2.015 die durch Armut bedingten und verschärften weltweiten Konflikte dermaßen eskalieren könnten, dass selbst eine bis dahin reformierte UNO ihrer nicht mehr Herr werden kann. Aus diesem Grund verknüpfte Annan seine Reformvorschläge ausdrücklich mit der Erfüllung der Millenniumsziele und machte den UNO-Mitgliedsstaaten hierfür sehr konkrete, zum Teil mit zeitlichen Fristen versehene Handlungsvorschläge. Die reichen Länder des Nordens mahnte der UNO-Generalsekretär zur Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent bis spätestens 2.015, zum Abbau ihrer Agrarsubventionen sowie zur Öffnung ihrer Märkte insbesonders für die nach UNO-Kriterien 48 „am wenigsten entwickelten Länder“ dieser Erde. Alle diese Maßnahmen stehen auch im Entwurf, alle will die Bush-Administration streichen lassen. Selbst die Erinnerung daran, dass die laufende „Doha-Runde“ der Welthandelsorganisation nach dem Versprechen der Industriestaaten eine „Entwicklungsrunde“ ist, will Washington nicht unterschreiben.

Auch sämtliche konkreten Verpflichtungen zur Überwindung von Armut, Hunger, Unterentwicklung und anderen sozioökonomischen Herausforderungen sollen nach dem Willen der USA getilgt oder in unverbindliche Absichtserklärungen umformuliert werden. AZU