Die glücklichen Betroffenen

Niemand weint der Kochstraße eine Träne nach. Im Gegenteil: Alle freuen sich auf Rudi Dutschke. Das ergab eine Blitz-Umfrage der taz unter Anwohnern und Flaneuren

Wenn schon nicht sofort alles gut wird, so wird doch wenigstens Dutschke aus Koch. Wie aber bewerten Anwohner und Passanten ihr unverhofftes Glück? Die taz hat nachgefragt und verblüffende (oder wenigstens verblüffte) Antworten kassiert.

Die 19-jährigen Anwohnerin Jadwigda Mikolajek etwa begrüßt, dass ihr Hund Giotto (7) künftig auf der Rudi-Dutschke-Straße sein Geschäft verrichten wird: „Ich habe gestern in Neon von Rudi Dutschke gelesen, sonst habe ich auch in der Schule noch nichts von ihm gehört.“ Vor dem Schreckgespenst der Adressenänderung fürchtet sie sich nicht: „Ich brauche nur meiner Schwester Bescheid sagen, die schreibt mir immer Postkarten.“ Friseurin Aische Jarisch (39) aus dem „Coiffeur Enis“ sieht das anders, hat sie sich doch an ihre Adresse „schon gewöhnt“. Darüber hinaus bringe die Umbenennung „nur Arbeit und Bürokratie“. Ein Argument, das Jörg Fohrmeister (36) flugs vom Tisch wischt: „Es gibt ja drei Kochstraßen in Berlin, das ist ein Horror für Taxifahrer. Und nun direkt vor dem Springer-Gebäude, da weiß jeder sofort, wo das ist!“

Das leuchtet auch Tim Kranger (18) ein. Springers Zeitungen lese er zwar nicht, hält die Straße aber dennoch für „eine lustige Anmerkung zum Nachdenken“.

„Sehr interessant“ statt lustig findet das Helmut Sprunger, der sich mit seinen 65 Jahren der „Generation Dutschke“ zuordnet und eine gewisse Genugtuung nicht verhehlen kann: „Dutschke hat es verdient, eine Straße zu bekommen.“

Je älter die Befragten, umso differenzierter ihr Urteil. Richard Kaschke (71) wertet „die neue Dutschke-Straße“ als „Hinweis auf die sozialistische Bewegung, die es mal in Deutschland gab. Die Leute vergessen ja so schnell. Erstaunlich, dass das so kurz vor der Wahl noch durchgekommen ist.“

Da kann auch Freia Peters (33) nur zustimmen: „Man sollte mit der Person Rudi Dutschke einen offenen Umgang pflegen, er ist Teil der deutschen Geschichte.“ Die Nähe zum Springer-Hochhaus sieht die Anwohnerin „mit Humor“. Gut so, denn Frau Peters ist Politik-Redakteurin der Welt am Sonntag. ARNO FRANK
SASCHA BLÄTTERMANN