Schily räumt Redaktion

Innenminister verbietet mutmaßlich islamistische Vereine und einen kurdischen Verlag. Kritik von Journalisten

KÖLN taz ■ Pünktlich zur Bundestagswahl demonstriert Otto Schily seine Entschlossenheit im Kampf gegen den weltweiten Extremismus. Der sozialdemokratische Bundesinnenminister verbot gestern den islamistischen Spendensammelverein „Yatim Kinderhilfe“ sowie die prokurdische E. Xani Presse- und Verlags-GmbH. Unmittelbar im Anschluss fanden an 60 Orten in acht Bundesländern polizeiliche Durchsuchungen statt.

Die in Essen ansässige „Yatim Kinderhilfe“ steht bereits seit längerem im Verdacht, eine Nachfolgeorganisation des 2002 verbotenen Vereins „Al-Aksa“ zu sein. Sie soll Spendengelder an Hamas-Sozialorganisationen in den palästinensischen Gebieten weitergeleitet haben. Dies sei „als mittelbare Finanzierung der terroristischen Aktivitäten der Hamas anzusehen“, da deren soziale und terroristische Aktivitäten untrennbar verknüpft seien, erklärte Schily. Vereinsrechtliche Ermittlungen wurden aus demselben Grund auch gegen den in Herne ansässigen Verein „Islamische Wohlfahrtsorganisation“ (IWO) eingeleitet.

Die in Neu-Isenburg beheimatete E. Xani Presse- und Verlags-GmbH verlegt die türkischsprachige Europaausgabe von Özgür Politika. Die in einer Auflage von etwa 10.000 Exemplaren erscheinende Tageszeitung ist laut Schily „nachweislich in die Gesamtorganisation“ der sich heute Kongra Gel nennenden PKK eingebunden. Als deren Sprachrohr würden über die Özgür Politika Nachrichten und Propaganda verbreitet.

Das Verbot des Verlages und damit auch der Zeitung erfolgte nur zwei Tage nach einer Großveranstaltung im Kölner Rhein Energie Stadion, auf der mehrere zehntausend KurdInnen die Freilassung des PKK-Führers Abdullah Öcalan gefordert hatten. Auch gegen weitere Einrichtungen aus dem mutmaßlichen Presseumfeld der PKK – eine Nachrichtenagentur sowie ein Buch- und Musikverlag – wurden Ermittlungen eingeleitet.

Zwar habe die von dem Verbot von Özgür Politika berührte Pressefreiheit einen „hohen Stellenwert“, sagte Schily. Sie müsse „im vorliegenden Fall jedoch hinter die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland zurücktreten“. Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) im Ver.di-Landesbezirk Hessen übte scharfe Kritik an dem Vorgehen. Polizeiliche Aktionen gegen eine Redaktion gefährdeten nicht nur den Vertrauensschutz von Informanten, sondern auch den grundgesetzlich garantierten Schutz der Presse. PASCAL BEUCKER