Union bleibt Spendenweltmeister

Parteien haben in diesem Wahlkampf drei Millionen Euro Großspenden erhalten

BERLIN taz ■ Die Industrie lässt sich ihren Einfluss auf die Politik einiges kosten. Gestern veröffentlichte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) die aktuellen Großspenden. Von Juni bis August erhielten die Fraktionen knapp drei Millionen Euro an anzeigepflichtigen Spenden von über 50.000 Euro. Allein 1,5 Millionen Euro davon gingen an die CDU.

Union und FDP sind bereits seit Jahren die großen Spendengewinner. Bei den Bundestagswahlen 1998 und 2002 erhielten sie nach Berechnungen der IG Metall zusammen jeweils rund 20 Millionen Euro, SPD und Grüne nur rund vier Millionen. Unterstützt werden die Parteien vor allem von Wirtschaftsunternehmen, Banken und Arbeitnehmern. Größere private Spenden sind eher die Ausnahme. Abgesehen von der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD): Sie erhielt in den letzten Monaten von Privatpersonen zwei Spenden über 80.000 und 175.000 Euro.

Besonders gut hat es auch die CSU getroffen. Der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie (VBM) bedachte die bayerische Union in diesem Jahr mit 760.000 Euro. So hohe Spenden sind kein Einzelfall: Ein gutes Ergebnis der CSU ließ sich der Verband unter Leitung des Brillenfabrikanten Randolf Rodenstock bei der Bundestagswahl 2002 sogar gut eine Million Euro kosten. Man trage durch fachliche und finanzielle Unterstützung „zur demokratischen Willensbildung in Bayern bei“, heißt es in einer schriftlichen Erklärung des VBM.

Die meisten großen Firmen wie Eon oder Porsche vergeben ihre Spendengelder unabhängig von ihrer politischen Präferenz an die großen Parteien. Auch die Frankfurter Allianz spendet seit einigen Jahren gleichmäßig an alle. „Nach dem Spendenskandal, kritischen Nachfragen von Kunden und internen Diskussionen haben wir uns entschieden, an alle Parteien je 50.001 Euro zu spenden und je 10.000 Euro an deren Jugendorganisationen“, sagte Allianz-Sprecher Nicolai Tewes der taz. „Wir spenden ganz ohne parteipolitische Präferenzen, weil wir glauben, dass die Parteiendemokratie ein gutes Instrument ist, Politik zu machen.“ Nur an extremistische Parteien spendet die Versicherung nicht. Und mit der Linkspartei tut man sich auch schwer. „Da hadern wir selbst noch. Wir sind nicht überzeugt, dass deren Programm dem Standort Deutschland hilft.“

Parteispenden sind gesetzlich grundsätzlich erlaubt. Allerdings müssen die Parteien Spenden über 50.000 Euro „zeitnah“ dem Bundestagspräsidenten anzeigen und nicht erst im jährlichen Rechenschaftsbericht veröffentlichen. Verboten sind nur „Zweckspenden“, die von privaten Unternehmen in Erwartung oder als direkte Gegenleistung eines politischen Vorteils erteilt werden.

Solch konkrete Einflussnahme ist jedoch in den seltensten Fällen zu beweisen. Der Osnabrücker Parteienrechtler Jörn Ipsen fordert daher eine schärfere Kontrolle von Unternehmensspenden. „Was unter Zweckspenden zu verstehen ist, sollte eher erweitert als verengt werden“, sagte Ipsen zur taz. Christian Ströbele (Grüne) spricht sich dafür aus, auch die niedrigeren Spenden früher zu veröffentlichen. „Man müsste die Ergebnisse auch den Bürgern näher bringen. Dann wüssten sie gleich, welchen Konzern sie mit ihrer Stimme indirekt unterstützen.“

Ein Verbot oder eine Obergrenze für Spenden halten sie nicht für sinnvoll. „Dann spendet eben Unternehmer X ein bisschen, dann seine Gattin und die Tochter auch“, so Ströbele. „Das Geld findet die Parteien wie Wasser das Meer“, glaubt auch Parteienrechtler Ipsen.

SARAH MERSCH