Die Bevölkerung hat nicht verstanden

Jubel auf der CDU-Wahlparty für die Liberalen, aber Ernüchterung über das eigene Ergebnis. Der SPD sei es gelungen, der Wählerschaft zu verklickern, dass man künftig Kirchhof-Politik machen wolle, vermutet ein Unions-Abgeordneter

Von Gernot Knödler

Spontaner Jubel brandete gestern Abend bei der CDU-Wahlparty in der Magnus-Halle in der Amsinckstraße auf, als das Ergebnis für die FDP bekannt wurde – ein Jubel, dem sofort der Katzenjammer folgte, als dem Parteivolk zu Bewusstsein kam, dass das eigene Ergebnis unter der Zweitstimmen-Kampagne der FDP gelitten hat.

Die Wahlpartys der Hamburger CDU haben sich verändert seit der Bürgerschaftswahl 2001. Statt mit überschaubarem Publikum in ihrer Partei-Villa im vornehmen Leinpfad zu feiern, mietet die CDU große Hallen, in diesem Fall eine ehemalige Fabrik mit Laufkränen an der Decke, aber der neuesten Ausstattung für schicke PR-Events.

Drei verschiedene Fernsehprogramme, die auf die Wände projiziert werden, verschaffen den größtmöglichen Überblick – sicher kein Nachteil an einem Abend, an dem viel spekuliert werden wird. Bevor die erste Prognose bekannt wird, ist den meisten klar: Ein großer Sieg wird das nicht. „Die Bundesthemen waren zu schwer vermittelbar“, sagt Parteimitglied Hans-Joachim Feigl.

„Die SPD hat es den Leuten erfolgreich verklickert, dass wir Kirchhof-Politik machen wollen“, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete Klaus-Peter Hesse, der „schon ein bisschen Hoffnung“ hatte, dass es für Schwarz-Gelb reichen würde. Offenbar habe die Zweitstimmenkampagne der FDP der CDU geschadet, stellt er fest, als die erste Prognose an der Wand erscheint.

Sie habe ein solches Ergebnis eigentlich erwartet, sagt Umwelt-Staatsrätin Herlind Gundelach. Sie hätte aber mehr Stimmen für die CDU und weniger für die FDP prognostiziert. Zu viele Wähler hätten auf die Zweitstimmen-Kampagne der Liberalen reagiert, nach dem Motto: Es kommt vor allem darauf an, dass die Liberalen in den Bundestag einziehen. Überdies habe es eine kleine Partei wie die FDP leichter, im Wahlkampf klare Konturen zu zeigen als eine Volkspartei wie die CDU. Dass sich die CDU in Hamburg gegenüber ihrem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl 2002 kaum verbessern konnte, erklärt sie damit, dass bei der Wahl „Hamburger Aspekte“ wohl keine Rolle gespielt hätten. Dieses Ergebnis widerspreche allen Umfragen, die die CDU in Bezug auf die Hamburger Politik habe machen lassen.

Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) zeigte sich zwar enttäuscht, gab sich aber gewohnt kämpferisch: „Dieses motiviert mich, meine Wirtschaftspolitik in Hamburg auf jeden Fall fortzusetzen.“ Leider könne er jetzt nicht mehr auf Rückenwind aus Berlin hoffen. „Die SPD hat das zerreden können“, sagt der Unternehmer Victor-Philipp Busch über das im Sommer noch so hoffnungsfrohe Reformprojekt der CDU. „Wir werden im Bundestag ein paar interessante Abstimmungen erleben.“

Seine Begeisterung über eine schwarz-rote Koalition hält sich in Grenzen. Eine Ampel-Koalition hält er jedoch für unwahrscheinlich. Das könnten sich die Liberalen nicht leisten. „Eine Ampel, das wäre Verrat“, springt ihm Hermine Ehlers vom CDU-Ortsverband Nienstedten bei.

„Ich finde es bedauerlich, dass die Bevölkerung nicht verstanden hat, worum es geht“, sagt Schulsenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU). „Wir sind Schlusslicht in Europa, daran sind wir nicht schuldlos.“ Die Menschen wüssten nicht, dass es bereits fünf nach zwölf sei für wirksame Reformen.

Der Altonaer CDU-Bundestagskandidat Marcus Weinberg erkennt „eine schwierige Situation für Deutschland“. Das Patt, das durch die Linkspartei entstanden sei, sei ärgerlich, zumal die beiden Volksparteien unvereinbare Konzepte verfolgten. Als stärkste Partei habe die CDU die Verantwortung, mit allen anderen zu sprechen. Was mögliche Varianten der Zusammenarbeit im Bundestag angehe, so halte er nichts für unmöglich.