Rauchfreie Kneipen sorgen für Zulauf

Nach dreimonatigem Rauchverbot sind in Schweden auch die Gastwirte zufrieden: Es kommen sogar mehr Gäste

Im Winter sollen Wärmestrahler den Aufenthalt vor der Tür ermöglichen

STOCKHOLM taz ■ Die Stimmung hat sich gewandelt: Konnten sich vor zwei Jahren nur knapp ein Drittel der Deutschen ein generelles Rauchverbot in Kneipen vorstellen, so ist es inzwischen fast die Hälfte. Bei einer Umfrage von TNS Infratest hielten 47 Prozent der Befragten rauchfreie Gaststätten für wünschenswert. Was hierzulande bislang nur eine theoretische Frage ist, haben die Schweden bereits praktisch ausprobiert – mit vollem Erfolg. Drei Monate ist es her, dass dort das Rauchverbot in Restaurants und Kneipen verbindlich eingeführt wurde. Die vorläufige Bilanz: Selbst die Gastwirte und Raucher sind zufrieden. Der Verband der Hotel- und Restaurantbranche SHR hat seine Mitglieder befragt und ist dabei nur vereinzelt auf negative Stimmen gestoßen.

Dabei hatte es an Warnungen nicht gefehlt, dass die Gästezahlen einbrechen könnten. Doch die befürchteten Konkurse blieben aus. Stattdessen schätzen die meisten Restaurants und Kneipen, dass sich ihr Umsatz seit dem Rauchverbot überhaupt nicht geändert hat. Einige melden sogar, dass sie nun sogar mehr Gäste hätten. Und anders als befürchtet ließen sich die meisten Kneipenbesucher auch weiterhin viel Zeit: Es wurde kaum beobachtet, dass Gäste nur schnell ein Bier trinken und dann wieder verschwinden, weil sie ihren Glimmstängel nicht in Ruhe rauchen können.

Nach dem neuen Gesetz darf man sich die Zigarette jetzt nur noch in speziellen Raucherräumen oder draußen vor der Eingangstür anstecken. Dennoch reagieren auch die Raucher unerwartet positiv. Die ersten Tage der Umstellung werden zwar als „gewöhnungsbedürftig“ beschrieben, doch befragte Nikotinsüchtige begrüßten es beispielsweise, dass sie nun besser riechen, wenn sie nach Hause kommen. Viele gaben an, dass sie weniger rauchen.

Besonders angetan ist das Personal vom Rauchverbot. „Nun habe ich keinen Raucherhusten mehr, wenn ich aufwache“, ließ sich ein zufriedener Barmann für die TV-Nachrichten interviewen, „so was ist mir seit Jahren nicht mehr passiert. Als Nichtraucher.“

Klagen kommen nur von den Betreibern der rund hundert Bingohallen im Land. Dort waren vor dem Rauchverbot 80 Prozent aller Gäste Raucher. Und nun vermeldet die Branchenorganisation Svebico, dass der Umsatz um 15 Prozent eingebrochen sei. Ohne eigentlich überrascht zu sein. „Nach den Erfahrungen in anderen Ländern haben wir das erwartet“, meint Svebico-Vorsitzender Krister Fredriksson: Bingo und eine Zigarette gehörten offenbar zusammen. Nun werben die Bingohallen mit der Botschaft, rauchfrei zu sein, gezielt neue Gäste. „Woanders hat das Rauchverbot zu einem Umsatzplus geführt“, erklärt Optimist Fredriksson. „Darauf setzen wir auch.“

Für den ersatzweisen Nikotinschub hängen in den Kneipen nun neben Zigarettenautomaten die „Snus“-Kühler an den Wänden. Der Umsatz des in Schweden beliebten Mundtabaks ist kräftig gestiegen. Und statt Aschenbechern stehen auf den Tischen jetzt Snusbehälter, um das Restprodukt aufzunehmen.

Die eigentliche Bewährungsprobe für das Rauchverbot steht aber vermutlich noch an. Sobald die Nächte kälter werden, ist der Weg vor die Tür möglicherweise weniger angenehm als im Sommer.

Doch auch dafür haben die meisten Restaurants schon vorgesorgt – indem sie speziellen Vorbauten errichteten oder Wärmestrahler installierten. SHR-Vorsitzender Mats Hulth atmet auf: „Die Umstellung ist wohl tatsächlich unproblematisch gelaufen.“ REINHARD WOLFF