ITALIEN: BANKEN FÜRCHTEN WEDER KARTELLAMT NOCH VERBRAUCHERMACHT
: Die Privatisierung funktioniert nicht

Ein Notenbankchef, gegen den die Staatsanwälte ermitteln: Das gibt es nicht alle Tage. Amtsmissbrauch wirft die Justiz Antonio Fazio vor, dem Gouverneur der Banca d’Italia. In den Übernahmeschlachten um zwei italienische Großbanken soll der eigentlich unparteiische Schiedsrichter massiv die italienischen Bieter gegen ausländische Konkurrenten bevorzugt haben. Doch Fazio denkt nicht an Rücktritt – bloß das nationale Interesse Italiens habe er verteidigt. Schließlich ist Fazio schon seit Jahren überzeugt, dass das Land Banken unter nationaler Federführung braucht, um in Europa bestehen zu können.

Aber brauchen die Italiener wirklich Banken in Grün-Weiß-Rot? Die meisten Normalverdiener sind sich da nicht so sicher: Sie zahlen die höchsten Kontoführungsgebühren in Europa, sie finanzieren die wachsenden Profite der Geldhäuser – und viele halten die Vorstellung, das heimische De-facto-Kartell würde durch das Ausland aufgemischt, für gar nicht so schrecklich. Und dem standhaften Fazio würden nur wenige eine Träne nachweinen, wenn er zurückträte. Doch das Land braucht anderes als bloß einen neuen Zentralbankchef.

Nicht umsonst ist der politische Druck auf Fazio so halbherzig: Es war und ist die Politik der Regierungen von rechts wie von links, die die Verbraucher allein gelassen hat. Statt staatlich kontrollierter Banken hat die Privatisierungswelle ein Oligopol von Abzockern geschaffen, dem eine zahnlose Kartellbehörde gegenübersteht – und eine Notenbank, die Komplize ist statt Kontrolleur. Die neoliberale Verheißung vom „frischen Wind“ bekamen bloß die Beschäftigten der Banken zu spüren, nicht aber die Kunden, die mehr zahlen denn je zuvor.

Druck von den Verbraucherverbänden muss die Regierung dennoch nicht befürchten: Die sind in Italien heillos zersplittert und einflusslos. Selbst ein Fazio-Rücktritt, selbst mehr „Konkurrenz“ durch ausländische Bankhäuser sind da kaum die Lösung des Problems. Allzu groß bleibt die Versuchung auch für neue Mitspieler, sich auf die alten Regeln einzulassen – und ziemlich mühelos die Kunden auszuplündern. MICHAEL BRAUN