Ashdown droht Republika Srbska

Paddy Ashdown, Hoher Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in Bosnien, will die serbische Teilrepublik zwingen, der Polizeireform für den Gesamtstaat zuzustimmen

Professionalisierung der Polizei bedeutete die Zerschlagung politischer Seilschaften

SARAJEVO taz ■ Wenn sich das Verhalten der serbischen Politiker nicht bald ändere, dann werde Bosnien und Herzegowina das letzte Land in Südosteuropa sein, das Verhandlungen mit der Europäischen Union aufnehmen könne. Das erklärte Paddy Ashdown, der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft, am Donnerstag in Sarajevo. Er forderte die serbischen Parteien eindringlich auf, die längst fällige Polizeireform zu verabschieden. Ansonsten sei die internationale Gemeinschaft gezwungen, harte Maßnahmen gegen die serbische Teilrepublik und ihre Institutionen zu verhängen.

Trotz der starken Worte zeigte sich die Öffentlichkeit in Sarajevo gestern von Ashdowns Erklärung enttäuscht. Denn konkrete Maßnahmen wollte Ashdown nicht nennen. Lediglich die Konten der Serbischen Demokratischen Partei (SDS), die im Geruch steht, ihren ehemaligen Führer und als Kriegsverbrecher gesuchten Radovan Karadžić zu unterstützen, würden strengstens überprüft, kündigte er an. Das sei jedoch zu wenig, hieß es in den Kommentaren der Zeitungen.

14 der 16 Punkte eines vor zwei Jahren aufgestellten Forderungskatalogs der EU sind schon fast abgearbeitet. Lediglich bei der Polizeireform und der Reform des staatlichen Fernsehens würde blockiert, erklärte der Sprecher der EU in Sarajevo, Frane Mareović. Beide Reformen seien aber dringend notwendig, um die Kriminalität zu bekämpfen. „Bisher kann kein Polizist in Sarajevo den Besitzer eines Autos feststellen, wenn er aus der serbischen Teilrepublik stammt“, sagte Mareović. Die Verfassung des Landes nach dem Friedensabkommen von Dayton vor zehn Jahren habe eine Struktur des Staates geschaffen, die so kompliziert sei, dass nicht einmal die einfachsten Anforderungen der Polizeiarbeit gewährleistet seien.

Die EU strebt eine Polizei an, die vom Gesamtstaat geleitet wird, die unabhängig ist von der Einmischung von Parteien und Politikern und die nach professionellen Kriterien aufgebaut ist. Bisher haben die beiden Teilstaaten, die Republika Srpska und die Bosniakisch-Kroatische Föderation, die Kontrolle über „ihre“ jeweilige Polizei. Mit der Reform bekäme der Gesamtstaat den Oberbefehl. Und die Polizeibezirke würden neu geordnet. Sie würden geografischen und professionellen, nicht aber ethnisch-politischen Gesichtspunkten folgen. Und genau deshalb wollen die serbischen Politiker an diesem Punkt nicht nachgeben. Denn sie befürchten, die Polizeireform sei der erste Schritt hin zur Entmachtung der serbischen Teilrepublik. Und damit haben sie auch nicht ganz Unrecht. Denn Professionalisierung der Polizei bedeutete die Zerschlagung politischer Seilschaften in den bisherigen Apparaten, die während des Krieges entstanden sind.

In beiden Teilrepubliken hat die Polizei nach wie vor den Ruf, mit der jeweiligen kriminell-nationalistischen Szene verwoben zu sein, in der Republika Srpska wurden die gesuchten Kriegsverbrecher lange Zeit vom Staatsapparat und damit der Polizei beschützt. Hinzu kommt noch, dass auf der serbischen Seite während des Krieges Tausende an dem Verbrechen der ethnischen Säuberungen teilgenommen haben und bei einer professionellen Polizei befürchten müssen, doch irgendwann verhaftet zu werden, zumal mit dem Aufbau des Strafgerichtshofs in Sarajevo die Strafverfolgung dieser Delikte angedroht ist und sie keineswegs verjähren sollen.

Die serbische Seite, so vermuten diplomatische Quellen, wolle die Amtszeit von Paddy Ashdown, die am Jahresende abläuft, aussitzen, um dann bessere Konditionen für sich auszuhandeln. Der Vertreter der EU, Michael B. Humphreys, ließ aber keinen Zweifel daran, dass die Bedingungen für die Reformen bestehen bleiben. Andere Quellen in Sarajevo erklärten, Ashdown habe schärfere Maßnahmen, so das Verbot der SDS-Partei, durchsetzen wollen, sei jedoch von Großbritannien und Russland daran gehindert worden.ERICH RATHFELDER