Nigerias Öl-Rebellen erobern Pumpstation

Afrikanische Rebellen im Niger-Delta drohen mit einem Bürgerkrieg, falls ihr Anführer nicht freigelassen wird. Der Ölkonzern Chevron wurde bereits attackiert. Ölpreise könnten weltweit noch weiter in die Höhe schießen

COTONOU taz ■ „Wir werden alles in die Luft sprengen! Wir werden alles abbrennen“, droht der zweite Mann der Freiheitskämpfer im Nigerdelta, um seinen Chef freizupressen. Anfang der Woche hatten die nigerianischen Behörden Mujahid Dokubo-Asari festgenommen, den Chef der „Niger Delta People’s Volunteer Force“. Die Freiwilligen-Armee im Nigerdelta rekrutiert sich vor allem aus dem Ijaw-Volk, das sich um den Ölreichtum seines Stammesgebietes betrogen sieht.

Bei der ersten Anhörung vor Gericht erklärte der Generalstaatsanwalt, dass Asari wegen Hochverrats angeklagt werden solle. Asaris Anhänger haben bereits mit Angriffen auf eine Ölpumpstation begonnen, die zu Chevron gehört und 25 Kilometer südwestlich von Port Harcourt liegt. 120 Aufständische sollen in acht Schnellbooten herangerauscht sein – bewaffnet mit automatischen Gewehren, Dynamit und Macheten – und die Ölpumpstation übernommen haben. Gut ein halbes Dutzend weitere Angriffe hat der Vizechef der Nigerdelta-Rebellen bereits angekündigt.

Der Chevron-Konzern erwägt nun, seine Öl-Installationen zu schließen, bis staatliche Sicherheitskräfte wieder die Kontrolle haben. Die geben sich kämpferisch: „Wir haben genug Männer, um strategische Punkte zu schützen“, sagte Armeesprecher Colonel Mohammed Yusuf. „Wenn sie uns angreifen wollen, werden sie es bereuen.“ Hunderte von Soldaten sind in die Ölhauptstadt Port Harcourt eingerückt.

Erst vor knapp zwei Jahren ging Asari in den Untergrund. Die Mangrovensümpfe schützten ihn vor jeglichem Zugriff der Polizei oder der Armee, die den Auftrag haben, das Erdöl als nationales Sicherheitsinteresse zu verteidigen. In den schwer zugänglichen, nur mit Kleinbooten zu durchquerenden Sümpfen gründete Dokubo-Asari seine Freiwilligenarmee. Ein Jahr nachdem er in die Sümpfe ging, kam er als gemachter Mann zurück. Asaris Drohung, einen totalen Krieg gegen Ölmultis und ihre Verbündeten zu führen, hatte damals in der Hauptstadt Abuja so viel Eindruck hinterlassen, dass man den 40-Jährigen zu Friedensgesprächen eingeladen hatte. Danach konnte sich Asari frei im Land bewegen. Mit dem Anzapfen der Pipelines, die durch das Ijaw-Gebiet laufen, machte er ein Vermögen. Der Widerspruch zwischen dem Dasein als Anführer einer Freiheitskämpferarmee in den Mangrovensümpfen und dem Nächtigen im Villenviertel der Regionalstadt Port Harcourt schien für den Rebellenchef kein Problem.

Die neuerliche Krise kann sich auch auf den Weltmarktpreis für Rohöl auswirken. Bereits im letzten Jahr trugen Unruhen in Nigerias Süden den Preis zu neuen Rekordhöhen. HAKEEM JIMO