Mit Gottes und der Nachbarn Hilfe

Die Finanzierung des Moscheebaus auf dem ehemaligen Bolle-Grundstück in Kreuzberg ist weiterhin unklar. Dem Trägerverein fehlt Geld, dem Baustadtrat Gelassenheit. Die Spendensammlung des Vereins stößt auf Verwunderung

Bilder eines prunkvollen Gebäudes mit vier kleinen Minaretten und einer Kuppel zieren die Schautafeln der Baustelle auf dem ehemaligen Bolle-Gelände am Görlitzer Bahnhof. Das Maschari-Center, ein siebenstöckiges islamisches Kulturhaus, soll hier entstehen, mit Moschee und Tagungsräumen, einer Bibliothek und Geschäften im Erdgeschoss. Noch ist von der künftigen Pracht wenig zu erkennen: Bisher ist erst der Keller des geplanten Gebäudes fertig gestellt.

Dafür steht seit kurzem ein kleiner weißer Marktwagen vor dem Bauzaun: Der Islamische Verein für wohltätige Projekte (IVWP), Bauherr des Maschari-Centers, wirbt hier um Spenden für das Projekt. Denn dessen Finanzierung ist längst nicht gesichert: An die 10 Millionen soll der Bau kosten – über wie viel der Bauherr bereits verfügt, darüber hüllt sich Birol Ucan, Sprecher des IVWP, in Schweigen. Zuversichtlich sei er, sagt der türkischstämmige Berliner. Für Muslime sei ein Moscheeneubau ein „sehr förderungswürdiges“ Projekt. „Die Leute geben ihr Wechselgeld, manche auch 20 oder 50 Euro.“ Dass auf diese Weise genügend Geld für den Bau zusammenkommt, bezweifelt der stets gelassene Ucan nicht: In islamischen Ländern würden Moscheebauten immer über Spenden finanziert.

Franz Schulz, Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, sieht in den Sammelaktionen jedoch „keine Indizien, die Gelassenheit auslösen“. Machen kann er allerdings erst mal nichts: Solange die Baugenehmigung gilt und Verlängerungen fristgerecht beantragt werden, kann der IVWP weiter bauen – und weiter sammeln. Selbst wenn es dann doch nur für zwei Etagen reichen sollte, sind die Handlungsmöglichkeiten des Baustadtrats begrenzt. Die Bauvorschriften regeln zwar, wie hoch an einem Ort gebaut werden darf, nicht aber, wie hoch gebaut werden muss. Schulz bedauert das, denn oft würden deshalb aus „großen Träumen mancher Bauherren am Ende nur Ruinen“. Er lehnt es dennoch ab, Moscheen – oder Gotteshäuser anderer Religionen – aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren. Der Staat dürfe nicht durch finanzielle Unterstützung in den Verdacht der Begünstigung bestimmter Religionsgemeinschaften geraten. So muss auch der Baustadtrat auf die Spendenbereitschaft der Kreuzberger Muslime setzen.

Die ist aber nicht ungebrochen. Zwar haben fast alle muslimischen Geschäftsleute in der Umgebung die kleine Spendenbüchse des IVWP im Laden stehen. Doch insbesondere unter den Türkischstämmigen ist die Skepsis groß. Die dem IVWP nachgesagten Verbindungen zu einer im Libanon ansässigen Sekte, aber auch die Tatsache, dass in der bisherigen Vereinsmoschee in der Skalitzer Straße überwiegend arabisch gesprochen wird, lässt viele auf Abstand gehen. Man wolle doch wissen, für wen man spende, sagt ein türkischstämmiger Händler. „Ich gehe schon auf die andere Straßenseite, wenn ich an der Baustelle vorbeimuss“, sagt ein anderer. Als guter Muslim habe er immer Kleingeld zum Spenden in der Tasche, aber „die übertreiben es“.

Der Stadtteilausschuss Kreuzberg e. V., der den geplanten Moscheeneubau von Anfang an mit Bürgerversammlungen begleitet hat, plant zum Jahresende eine Veranstaltung, bei der auch die Finanzierung des Bauprojektes noch einmal thematisiert werden soll. ALKE WIERTH