Der Weg zur Entschuldung ist frei

IWF und Weltbank stimmen für das G-8-Konzept. 18 ärmste Länder werden um rund 40 Milliarden US-Dollar entlastet. Die Armut ist damit aber längst nicht besiegt

WAHSINGTON taz ■ Dem Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Erde, den die sieben führenden Industriestaaten und Russland (G 8) Anfang Juli im schottischen Gleneagles angekündigt hatten, steht nichts mehr im Weg. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank (WB) beschlossen auf ihrer gemeinsamen Jahrestagung in Washington am Wochenende, den 18 Ländern Schulden im Gesamtumfang von 40 Milliarden US-Dollar zu erlassen.

Die Maßnahme soll möglicherweise auf bis zu 22 weitere Staaten und einen Umfang von knapp 56 Milliarden US-Dollar erweitert werden. Sie gilt für sämtliche Restschulden bei IWF, Weltbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank.

Der Durchbruch kam, nachdem auch die nicht zur G 8 gehörenden 176 Mitgliedsstaaten von IWF und Weltbank dem Schuldenerlass zugestimmt hatten. Da die G 8 nur rund 70 Prozent der Kosten trägt, müssen sie den Rest übernehmen. Die Niederlande, Schweden und andere Staaten hatten befürchtet, der von der G 8 versprochene Schuldenerlass könne die Fähigkeit der beiden Finanzinstitutionen zur Finanzierung künftiger Kredite beeinträchtigen.

Die G-8-Staaten überwanden diese Bedenken letzten Freitag schließlich mit einem Schreiben an Weltbankpräsident Paul Wolfowitz. Darin machen sie die verbindliche Zusage, die durch den Schuldenerlass ausfallenden Beträge „Dollar für Dollar“ zu ersetzen und die Internationale Entwicklungsagentur (IDA), eine Weltbanktochter, die den ärmsten Ländern der Erde mit Krediten und Zuschüssen hilft, auch künftig großzügig auszustatten.

Als „guten Schritt nach vorn“ bewertete Trisha Rogers von der Entschuldungsgruppe „Jubilee Debt Campaign“ am Wochenende den Beschluss „Wir brauchen aber weitere Riesenschritte, um die Schuldenkrise der ärmsten Länder zu beenden.“ Rund 60 Länder seien dringend auf Entschuldung angewiesen.

Der Beschluss von IWF und Weltbank sieht allerdings lediglich eine Ausweitung des Schuldenerlasses auf bis zu 40 Länder vor. Davon sind 38 Länder bereits im so genannten HIPC-Entschuldungsprozess von IWF und Weltbank eingebunden. Aus dem Programm erhalten sie im Gegenzug für Haushaltsdisziplin und gegen Nachweis umfangreicher Armutsbekämpfungsprogramme bereits Schuldenentlastung.

Der IWF bestand für das G-8-Paket auf Gleichbehandlung aller Mitglieder. Deshalb soll jetzt eine Höchstgrenze beim Pro-Kopf-Einkommen über die Teilnahme an dem Programm entscheiden. Danach könnten sich neben den 38 auch Tadschikistan und Kambodscha qualifizieren.

Doch selbst für die Länder, die in vollem Umfang von dem Beschluss der beiden multilateralen Finanzorganisationen profitieren, sei „die Schuldenkrise keineswegs beendet“, kritisierte Jo Kuper von der Organisation „World Development Movement“ diese Pläne. Denn für die meisten Länder ist der verheerende Schuldendienst, der oft mehr Geld auffrisst als das gesamte Bildungsbudget, längst nicht vorbei. Kupfer schätzt, dass die Länder im Durchschnitt zwei Drittel ihrer Schulden loswerden, ein Drittel verbleibe aber – bei vom Schuldenerlass-Deal nicht betroffenen kommerziellen Banken und bilateralen Gebern. ANDREAS ZUMACH