Die Achse der Guten

Wohin sind denn hierzulande nur all die streitbaren Freunde der USA verschwunden? Ins Internet, ach so

Der liberale Untergrund trifft sich im Internet. Hier lassen sich in Ruhe markige Sprüche reißen: „Die notorisch lügenden Steuerhinterzieher, Wissenschaftsfeinde und Knallköppe von Greenpeace zeigen, dass ihre besten Zeiten wohl endgültig vorbei sind“, schreibt da zum Beispiel David Harnasch. Weblogs sind schon lange nicht mehr nur belanglose Onlinetagebücher von Selbstdarstellern. Weblogs sind neuerdings politisch. Für Menschen, die keine besonders populäre Randmeinung vertreten, sind sie vor allem eine Möglichkeit, ihre Ansichten mit Gleichgesinnten auszutauschen.

David Harnasch ist 28 und lästert nicht nur über Greenpeace. Er sympathisiert mit den USA und mit George W. Bush. Er war für den Krieg im Irak und hält jede Art von Sozialismus für gesellschaftlich und wirtschaftlich überaus bedenklich. „Ich halte Paul Kirchhof für einen großartigen Mann“, sagt Harnasch über den Professor aus Heidelberg, den die CDU kurzzeitig als Finanzminister vorgesehen hatte.

Seit einem Jahr schreibt der Journalist in seiner Freizeit unter www.senordaffy.de Onlinetagebuch: voll mit bissigen Kommentaren zur Lage der Welt und Kritik an den Medien, die seiner Meinung nach nur Mainstreammeinung verbreiten.

Fünf bis sechs Stunden sitzt Harnasch jeden Tag vor dem Computer, liest Onlinemagazine und andere Weblogs – immer auf der Suche nach neuem Futter für sein Weblog. „Vieles ist einfach ein Abfallprodukt meiner täglichen Arbeit“, sagt er. „Als Journalist muss ich sowieso viel lesen.“ Offenbar finden viele Internetsurfer interessant, was der Mann zu sagen hat. Etwa tausend Besucher klicken sich täglich durch Harnaschs Weblog.

„Als die Amis in Afghanistan einmarschiert sind und die Taliban weggebombt haben, fand ich das nur unterstützenswert“, sagt er. Mit 14, sagt Harnasch, war er auch mal links, hatte grün gefärbte Haare und war Fördermitglied bei Greenpeace. Heute ist er FDP-Mitglied und setzt sich für Freiheit, Demokratie und Globalisierung ein – und für Amerika. „Ich habe erkannt, dass man Dinge anpacken muss, wenn man etwas verbessern will“, sagt Harnasch.

Mit seiner Weltanschauung gehört der Mann nicht wirklich zum deutschen Mainstream: 87 Prozent der Deutschen lehnen die Außenpolitik Amerikas ab, und kurz vor dem Irakkrieg hielt mehr als die Hälfte aller Deutschen die USA für das Land, von dem die größte Gefahr für den Weltfrieden ausgeht.

Trotzdem ist David Harnasch nicht allein. Eine Hand voll Blogger bildet eine feste liberale Gegenöffentlichkeit im Internet. Am bekanntesten ist das Weblog „Die Achse des Guten“ – zu erreichen unter www.achgut.de. Das liberale Onlinetagebuch wird von sieben Journalisten geführt, darunter Henryk M. Broder und Michael Miersch. Rund 50.000 Besucher hat „Die Achse des Guten“ monatlich. Trotzdem sind die liberalen Freunde Amerikas auch im Internet eine Minderheit. Linke, globalisierungs- und kapitalismuskritische Weblogs sind eindeutig in der Überzahl.

David Harnasch aber freut sich über jeden, der mit ihm im Internet über seine Thesen diskutiert: „Es gibt tatsächlich fünf bis sechs Leute, mit denen sich eine konstruktive Debatte entwickelt hat.“ PHILIPP DUDEK