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Medien-Kommissarin Viviane Reding macht sich für Product Placements und gegen Werbeverbote stark

Da gab es erst mal Applaus. „Solange ich Medienkommissarin bin, wird es keine neuen Werbeverbote geben“, sagte Viviane Reding gestern auf dem Jahreskongress des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) in Berlin. Das freute die anwesenden Verleger, Verlagsleute und Journalisten – schließlich hatte ihnen die EU mit ihrer Richtlinie zum Verbot von Tabakwerbung schon einen ansehnlichen Teil des Werbekuchens weggenommen. Und dann gab es erst mal lange Gesichter. „Aber Sie glauben doch nicht, dass ich einen Bereich vor Verboten schützen werde und einen anderen nicht?“, fragte die EU-Kommissarin rhetorisch in die Runde. Dieser „andere“ Bereich ist das Fernsehen, und für das plant Reding nicht nur, es vor neuen Verboten zu schützen, sondern es auch von alten Einschränkungen zu befreien. Zum Beispiel im Bereich Product Placement.

Bislang gibt es innerhalb der EU keine einheitliche Regelung zu Product Placements im Fernsehen, allein Schleichwerbung ist seit 1989 durchgängig verboten. Um endlich Rechtsicherheit zu schaffen, will die EU-Kommission nun eine Richtlinie erlassen, die europaweit verbindlich festlegt, wann Placements erlaubt sind. Allerdings ist das weitaus häufiger, als das Verlegerverbänden in ganz Europa lieb ist (siehe taz vom 19. 9.): nämlich im gesamten fiktionalen Bereich von Kinofilmen bis Fernsehserien. Und so protestierte gestern auch BDZV-Präsident Helmut Heinen gegen die EU-Pläne: „Was da unter wohlklingenden Begriffen wie ‚Liberalisierung‘ und ‚Deregulierung‘ angeboten wird, bedeutet in der Konsequenz eine Aufhebung der sauberen Trennung von Werbung und Programminhalten.“

Um diese Bedenken zu entkräften, stellte Reding hingegen in Aussicht, „jede Form“ von Placements in Nachrichtensendungen, Reportagen und Dokumentationen weiterhin zu verbieten. In diesen Bereichen müsse der Schutz der redaktionellen Unabhängigkeit „absoluten Vorrang“ haben. Nach diesem Leckerli wollte aber selbst Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner nicht springen. In Sorge um „die Zukunft unseres Geschäftsmodells“ warnte Noch-Nur-Verleger Döpfner: „Wir sägen den Ast ab, auf dem wir sitzen.“ Wie viele in der Print-Branche befürchtet er so genannte „Spill-Over-“, also Überschwapp-Effekte von einer Liberalisierung des Werbemarktes im Fernsehbereich. Würden sich Werbekunden erst einmal daran gewöhnen, über Placements Einfluss auf TV-Sendungen zu nehmen, könnten sie auch entsprechende Ansprüche an Print-Redaktionen erheben. Döpfner wird wissen, wovon er redet. Übernimmt Springer die Senderfamilie ProSiebenSat.1, dürften sich Print und Fernsehen schließlich so nah wie nie zuvor kommen. HPI